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Marktmachtmissbrauch im KFZ-Sektor: Kartellgericht verhängt auf Antrag der BWB eine Geldbuße gegen Peugeot iHv EUR 15 Millionen - KFZ Markt bleibt weiterhin unter Beobachtung

Im Juni 2023 brachte die BWB einen Antrag auf Verhängung einer angemessenen Geldbuße gegen die Peugeot Austria GmbH (iF „Peugeot“) beim Kartellgericht ein. Diesem Verfahren ging ein Individualverfahren eines Kfz-Handels- und Servicebetriebs gegen die österreichische Generalimporteurin für Neufahrzeuge und Originalersatzteile der Marke Peugeot voraus.

Marktmachtmissbrauch im Bereich Neuwagenvertrieb und Werkstättenbetrieb 

Das Kartellgericht verhängte eine Geldbuße iHv EUR 15 Millionen aufgrund des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung durch Peugeot im Zeitraum von 2017 bis 2021.

Im Neuwagenvertrieb verstieß Peugeot gegen das Kartellgesetz wegen

  • der Koppelung von Prämienzahlungen mit dem bestehenden und tatsächlich praktizierten System der Kundenzufriedenheitsumfragen;
  • der Spannenreduktionen durch Vorgabe bewusst überhöhter Verkaufsziele mittels Erhöhung des Zielwerts in einem über die allgemeine Schätzung der Absatzentwicklung hinausgehenden Ausmaß trotz Herabsetzung der Verkaufsziele für Vorjahre im vertraglich vorgesehenen Sachverständigen-Schiedsverfahren;
  • der Praktizierung missbräuchlich niedriger Abgabepreise am Endkundenmarkt durch im wirtschaftlichen Mehrheitseigentum von Peugeot stehende Händlerbetriebe. Insbesondere wenn deren Verluste von Peugeot abgedeckt wurden, während Peugeot gleichzeitig gegenüber der Büchl GmbH Preise verrechnet und Rabattkonditionen gewährt hatte, die es der Büchl GmbH unmöglich machten, diese niedrigen Endkundenpreise anzubieten;

Im Werkstättenbetrieb verstieß Peugeot gegen das Kartellgesetz wegen

  • der Verpflichtung zur Durchführung von Garantie und Gewährleistungsarbeiten mit von Peugeot gestellten Bedingungen, insbesondere einem auch für die Büchl GmbH aufwändigen Kontrollsystem, die diese Arbeiten für die Büchl GmbH wirtschaftlich unrentabel machen;
  • der Abwicklung von Garantie- und Gewährleistungsaufträgen mit nicht kostendeckenden Stundensätzen sowie nicht kostendeckenden Refundierungen bei Ersatzteilen.

Weiters verstieß das Unternehmen Peugeot gegen das Kartellgesetz aufgrund der Überwälzung von Kosten für Mystery Shopping, Mystery Leads und Standardkriterien-Audits auf die Büchl GmbH, insbesondere durch die kalkulatorische Einbeziehung dieser Kosten in die Schulungspauschale;

Anerkenntnis

Peugeot gab letztlich im Verfahren ein Anerkenntnis ab, schloss sich damit dem Sachvorbringen und der rechtlichen Beurteilung der BWB an und trat dem Geldbußenantrag in der beantragten Höhe nicht entgegen. Ebenso wurde der Zeitraum der Verstöße und die Angemessenheit der Geldbuße unter Bedachtnahme auf die gesetzlichen Bemessungskriterien anerkannt.

Der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung kann die Wettbewerbsentwicklung in einem Markt erheblich beeinträchtigen. Daher ist die Verfolgung solcher Fälle eine klare Priorität für die BWB“, so die Generaldirektorin für Wettbewerb, Natalie Harsdorf.

KFZ Markt bleibt weiterhin unter Beobachtung der BWB

Die BWB erhält nach wie vor Beschwerden im KFZ-Markt, denen die BWB engmaschig nachgeht. Allerdings waren diese bis jetzt nicht ausreichend um weitere Ermittlungsschritte einzuleiten. Gibt es Beweise für Vorwürfe, können diese auch anonym über das Whistleblowingsystem der BWB eingebracht werden. Der KFZ-Markt bleibt weiterhin unter Beobachtung.“ erklärt die Generaldirektorin für Wettbewerb, Natalie Harsdorf.

Zum Whistleblowingsystem der BWB

Das gesamte Verfahren im Überblick:

  • Im Oktober 2018 stellte das Unternehmen Büchl GmbH beim Kartellgericht gegen das Unternehmen Peugeot einen Antrag auf Abstellung des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung (Individualverfahren).
  • Die BWB und der Bundeskartellanwalt begleiteten das Verfahren als Amtsparteien.
  • Die BWB gab eine detaillierte Stellungnahme in Bezug auf die missbräuchlichen Verhaltensweisen und die relative Marktmacht von Peugeot ab.
  • Die BWB nahm an allen Tagsatzungen des Individualverfahrens teil und beteiligte sich aktiv an den Beweisaufnahmen im Rahmen des mündlichen Verfahrens.
  • Das Kartellgericht entschied im Jahr 2020, dass Peugeot in mehreren Punkten gegen das Verbot des Marktmachtmissbrauchs verstoßen hatte und trug Peugeot auf die Zuwiderhandlungen abzustellen.
  • Gegen diese Entscheidung erhob Peugeot Rechtsmittel an das Kartellobergericht.
  • Das Kartellobergericht (OGH) gab diesem Rekurs teilweise Folge, bestätigte die Entscheidung aber in wesentlichen Punkten (Pressemitteilung vom 09.04.2021) und trug Peugeot auf, die Zuwiderhandlungen binnen drei Monaten abzustellen (OGH Entscheidung)
  • Im Juni 2023 stellte die BWB den Antrag auf angemessene Geldbuße auf Grundlage der im Individualverfahren rechtskräftig festgestellten Verstöße.