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Markt für Aortenklappenersatzprodukte: Kartellobergericht entscheidet über die Rekurse der Amtsparteien

Die Bundeswettbewerbsbehörde und der Bundeskartellanwalt hatten für das im September 2024 zu BWB/Z-6717 angemeldete Zusammenschlussvorhaben von Edwards Lifesciences Corp. (iF „Edwards“) und JenaValve Technology, Inc. (iF „JenaValve“) eine vertiefte Prüfung beim Kartellgericht beantragt (Phase II). Das Kartellgericht wies die Anträge mit der Begründung zurück, dass der Zusammenschluss wegen fehlender erheblicher Inlandstätigkeit des Zielunternehmens nicht anmeldebedürftig gewesen sei. Gegen die Entscheidung des Kartellgerichts erhoben sowohl die Bundeswettbewerbsbehörde als auch der Bundeskartellanwalt ein Rechtsmittel (Rekurs). Das Kartellobergericht hat den Rekursen keine Folge gegeben und damit die Zurückweisung der Anträge durch das Kartellgericht bestätigt.

Hintergrund

Die Erwerberin Edwards beabsichtigt, sämtliche Anteile an und alleinige Kontrolle über das Zielunternehmen JenaValve zu erwerben. Das Zielunternehmen entwickelt und vertreibt ein Transkatheter-Aortenklappenersatzprodukt zur Behandlung von Aortenklappeninsuffizienz (TAVR-AR), welches derzeit als einziges Produkt dieser Art in Europa zugelassen ist. Die Erwerberin wiederum vertreibt ein Produkt zur Behandlung von Aortenstenose (TAVR-AS) und hat kürzlich ein Unternehmen erworben, das die Rechte zur Entwicklung und Vermarktung einer TAVR-AR-Klappe außerhalb Chinas besitzt.

Wettbewerbliche Bedenken der Bundeswettbewerbsbehörde

Im Zuge der Ermittlungen der BWB ergaben sich wettbewerbliche Bedenken, insbesondere im Hinblick auf eine mögliche Marktkonzentration. Durch die Zusammenführung der einzigen in Europa zugelassenen TAVR-AR-Klappe mit der einzigen anderen derzeit existierenden (wenn auch nur in China zugelassenen) Alternative könnte der Wettbewerb erheblich eingeschränkt werden. Die BWB sah zudem die Gefahr, dass durch den Zusammenschluss die ohnehin starke Marktposition von Edwards weiter gefestigt wird. Hohe Markteintrittsbarrieren, insbesondere durch bestehende IP-Rechte, könnten zusätzlich den Markteintritt potenzieller Wettbewerber erschweren (siehe Pressemitteilung vom 29.10.2024).

Zurückweisung der Prüfungsanträge durch das Kartellgericht

Das Kartellgericht hat die Prüfungsanträge mangels erheblicher Inlandstätigkeit des Zielunternehmens, JenaValve, zurückgewiesen. Gegen die Entscheidung des Kartellgerichts erhob sowohl die BWB als auch der Bundeskartellanwalt ein Rechtsmittel (Rekurs) an das Kartellobergericht.

Entscheidung des Kartellobergerichts

Hinsichtlich der Voraussetzung der „erheblichen Inlandstätigkeit“ hat das Kartellobergericht nunmehr ausgeführt, dass für die Beurteilung der Erheblichkeit der Tätigkeit des Zielunternehmens auf „die Tätigkeit des [Zielunternehmens] im Zeitpunkt der (geplanten) Durchführung des Zusammenschlusses“ abzustellen ist. [….] [M]ögliche oder sogar geplante zukünftige Tätigkeiten (in Folgejahren) [sind] nicht zu berücksichtigen.“

Zum Zeitpunkt der Durchführung des Zusammenschlusses sei das Zielunternehmen aufgrund von Kundenbeziehungen zwar im Inland tätig gewesen, diese Tätigkeit - die Geschäftstätigkeit des Zielunternehmens im Inland habe in den Kalenderjahren 2023 und 2024 im Verkauf von insgesamt acht Produkten an einen (einzigen) Abnehmer bestanden - sei im Sinn des § 9 Abs 4 Z 4 KartG aber nicht als im erheblichen Umfang einzustufen.

Das Kartellobergericht hat daher den Rechtsmitteln keine Folge gegeben und damit die Zurückweisung der Anträge der Bundeswettbewerbsbehörde und des Bundeskartellanwalts (mangels Anmeldepflicht des Zusammenschlusses) im Ergebnis bestätigt. Das Zusammenschlussverfahren in Österreich ist damit in Ermangelung einer Anmeldpflicht beendet, eine inhaltliche Prüfung des Vorhabens kann daher in Österreich nicht erfolgen.

Die Entscheidung des Kartellobergerichts (16 Ok 2/25t) kann demnächst hier abgerufen werden: Link.