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Baukartell: BWB und Bundeskartellanwalt erheben Rekurs gegen die Zurückweisung der Überprüfung des STRABAG-Beschlusses

Die Bundeswettbewerbsbehörde beantragte aufgrund neuer vorliegender Tatsachen und Beweismittel, eine gerichtliche Überprüfung des rechtskräftigen Beschlusses vom 21.10.2021, mit dem gegen zwei Gesellschaften des STRABAG-Konzerns (STRABAG) eine Geldbuße iHv EUR 45,37 Mio verhängt wurde, hinsichtlich der vollständigen Einhaltung der Kooperationspflicht von STRABAG als Kronzeuge. Das Kartellgericht hat den Abänderungsantrag der BWB zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss hat die BWB am 22.11.2022 Rekurs an den Obersten Gerichtshof als Kartellobergericht erhoben.

Hintergrund

Das Kartellgericht hat gegen zwei Gesellschaften des STRABAG-Konzerns eine Geldbuße iHv EUR 45,37 Mio wegen kartellrechtswidrigen Preisabsprachen, Marktaufteilungen und Informationsaustausches mit Mitbewerbern in Bezug auf öffentliche und private Ausschreibungen im Bereich Hoch- und Tiefbau in Österreich im Zeitraum von Juli 2002 bis Oktober 2017 verhängt. Aufgrund der im kartellrechtlichen Ermittlungsverfahren abgegebenen, umfangreichen Kronzeugenerklärung und der Abgabe eines Anerkenntnisses für das kartellgerichtliche Verfahren beantragte die BWB eine geminderte Geldbuße (siehe Pressemitteilung der BWB vom 21.10.2021).

Im Wege der Amtshilfe erlangte die BWB durch die WKStA jedoch Kenntnis über neue Tatsachen, die eine gerichtliche Überprüfung des rechtskräftigen Beschlusses vom 21.10.2021 erforderlich machten. Hintergrund ist insbesondere die umfassende Kooperationsverpflichtung als Kronzeuge. Vor diesem Hintergrund ersuchte die BWB das Kartellgericht mittels Abänderungsantrag den rechtskräftigen Beschluss vom 21.10.2021 zu überprüfen und gegebenenfalls abzuändern (siehe Pressemitteilung der BWB vom 28.07.2022)

Kartellgericht wies den Abänderungsantrag der BWB zurück

Mit Beschluss vom 20.10.2022 (27 Kt 12/21y-65) hat das Kartellgericht den Abänderungsantrag der BWB insbesondere aufgrund prozessualer Erwägungen zurückgewiesen. Zusammengefasst führte das Kartellgericht aus, dass es insbesondere an einer expliziten gesetzlichen Regelung fehle, damit eine Gesetzeslücke vorläge und an der formellen Beschwer der BWB mangle.

Bundeswettbewerbsbehörde und Bundeskartellanwalt erheben Rekurs

Gegen diesen Beschluss des Kartellgerichts vom 20.10.2022 erhoben die BWB und der Bundeskartellanwalt fristgerecht einen Rekurs an den Obersten Gerichtshof als Kartellobergericht. Dem Kartellobergericht werden eine Reihe von rechtlichen Fragen im Zusammenhang mit der erfolgten Einschätzung des Kartellgerichts zur Überprüfung vorgelegt. Diese Fragen beziehen sich unter anderem auf:

  • das Vorliegen der Beschwer der BWB,
  • das (Nicht) Vorliegen einer Gesetzeslücke mit Verweis auf § 73 Außerstreitgesetz,
  • der Herstellung eines rechtskonformen Zustandes, der einen effektiven öffentlichen Kartellrechtsvollzug gewährleistet,
  • und den Einklang des erstinstanzlichen Beschlusses des Kartellgerichts mit dem Unionsrecht.

Es ist davon auszugehen, dass der Oberste Gerichtshof als Kartellobergericht in den nächsten Monaten über den Rekurs entscheiden wird.