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Kein Antrag auf weitere Prüfung im Fall Österreichisches Verkehrsbüro - Ruefa Reisen

Die österreichische Verkehrsbüro AG hat die Übernahme der RUEFA Reisen AG Anfang November beim Kartellgericht angemeldet. Betroffen war v.a. der Markt der Reisevermittlung, im Bereich der Reiseveranstaltung halten beide Anmelder nur sehr geringe Marktanteile.

Die Prüfung des Zusammenschlusses gestaltete sich sehr schwierig, da keine Branchenuntersuchungen zum Markt der Reisevermittlung existieren und das Gesamtmarktvolumen selbst von Branchenkennern höchst unterschiedlich geschätzt wurde: Die Schätzungen variierten zwischen € 1 und 2,8 Mia. Die Bundeswettbewerbsbehörde versandte daher u.a. Auskunftsverlangen an große Reisebüros und führte telefonische Umfragen durch.

Nach eingehender Prüfung durch die Bundeswettbewerbsbehörde wurde nun entschieden, keinen Prüfungsantrag zu stellen. Der Zusammenschluss wird daher nicht von dem Kartellgericht in einer Phase II weiter untersucht werden und gilt somit als "genehmigt".

Vor allem folgende Gründe waren für die BWB ausschlaggebend:

- Die BWB geht von einem Markt für Reisevermittlung aus. Auf der Ebene Reiseveranstalter - Reisebüro ist hiefür ein nationaler Markt anzunehmen, auf der Ebene Reisebüro - Endkunde ist jedoch - u.a. abhängig von der Verbrauchermobilität - von vielen, lokalen Teilmärkten auszugehen.

- Aufgrund der Auskunftsverlangen, telefonischer Umfragen sowie verschiedener Hochrechnungen geht die BWB von einem Gesamtmarkt der Reisevermittlung von € 1,8 - 2,3 Mia aus. Hiebei sind € 1,8 Mia jedoch als absolute Untergrenze anzusehen, wahrscheinlicher sind Umsätze in der oberen Bandbreite.

- Realistischerweise dürfte der Marktanteil der Anmelder somit unter 30 % liegen.

- Als Indiz für eine allfällige stärkere Marktstellung auf lokalen Teilmärkten (die v.a. auf der Ebene Reisebüro - Endkunde wesentlich sind) analysierte die BWB die Anzahl der Filialen in den einzelnen Bundesländern und errechnete - im Vergleich zur Gesamtzahl an Filialen der Anmelder in ganz Österreich und dem dadurch erzielten Marktanteil sowie unter Berücksichtigung unterschiedlicher Umsätze/Filiale in den einzelnen Bundesländern - einen ungefähren Marktanteil in den einzelnen Bundesländern. Hiebei wurde ersichtlich, dass die Anmelder auch in Niederösterreich und Wien realistischerweise unter einem Marktanteil von 30 % liegen.

- Mit dem Zusammenschluss entsteht zwar das eindeutig größte Unternehmen, es gibt jedoch noch einige Konkurrenten, die groß genug sind und über ein entsprechendes Filialnetz verfügen, um den Anmeldern echte Konkurrenten zu sein. Zunehmende Konkurrenz durch reine Internet-Reisebüros ist anzunehmen.

- Die großen Reiseveranstalter haben eine gewisse Macht gegenüber den Reisebüros.

- Ruefa als Reiseveranstalter ist hingegen relativ klein. Eine verstärkte Einbindung in den sodann größten Reisebüro-Verbund ist somit nicht sehr bedenklich.

- Die Auswirkungen des Zusammenschlusses sind für alle Marktteilnehmer schwer abschätzbar. Preiserhöhungen sind jedoch nicht wahrscheinlich, eher geht man von Preisreduzierungen aufgrund günstigerer Einkaufskonditionen sowie erzielten Synergien aus.

- Konkrete Auswirkungen auf die (mittel)großen Konkurrenten werden nicht erwartet.

- Kleine Reisebüros werden es nach dem Zusammenschluss noch schwerer haben, eine Strukturreform scheint jedoch - unabhängig vom Zusammenschluss - unausweichlich.

- Die Anmelder führten aus, dass das Verkehrsbüro und Ruefa auch nach dem Zusammenschluss grundsätzlich weiterhin getrennt am Markt auftreten möchten, u.a. da unterschiedliche Zielgruppen angesprochen werden.

Aus diesen Gründen wird nicht von einer Begründung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung im Sinne des Kartellgesetzes ausgegangen. Es wurde daher kein Antrag auf Prüfung des Zusammenschluss vor dem Kartellgericht gestellt.