Rund ein Drittel der Haushalte in Österreich werden mit Nah- oder Fernwärme versorgt und ein weiterer Ausbau der Netze ist auch für die Zukunft geplant. Die Bedeutung des Fernwärmesektors nimmt nicht zuletzt im Rahmen der Energiewende zu. Fernwärmenetze sind regional bzw lokal begrenzt und den angeschlossenen Kundinnen und Kunden stehen Alternativen entweder nur eingeschränkt oder gar nicht zur Verfügung. Den Fernwärmeversorgern kommt damit regional jeweils eine besondere Marktstellung zu.
Diese Überlegungen haben schlussendlich auch den Gesetzgeber dazu bewogen, im Juni 2024 ein Bundesgesetz zur Abmilderung von Krisenfolgen und zur Verbesserung der Marktbedingungen im Falle von marktbeherrschenden Energieversorgern zu erlassen, welches auch auf den Fernwärmesektor anwendbar ist und die BWB ermächtigt, unter bestimmten Voraussetzungen Verfahren am Kartellgericht einzuleiten. Ergebnisse einer Branchenuntersuchung können regelmäßig auch Hinweise zur Einleitung konkreter Verfahren geben.
Bei der Untersuchung der BWB werden vorrangig jene Fernwärmemärkte bzw. Netzgebiete durchleuchtet, auf denen die großen Landesenergieversorger wie Wien Energie, Energie Steiermark, KELAG, Salzburg AG, Energie AG, EVN etc. aktiv sind. Die Untersuchung wird sich hierbei nicht nur auf strukturelle Faktoren (Anbieterkonzentration, Eintrittsbarrieren, Kostenstruktur etc.) beschränken, sondern auch eine detaillierte Analyse der Marktergebnisse wie Verkaufspreise, Erlöse und Beschaffungskosten umfassen. Auch sollen Geschäftsbedingungen und -praktiken in den Fokus genommen werden, die sich potentiell nachteilig auf Verbraucherinnen und Verbraucher auswirken.
„Wir erhalten regelmäßig Beschwerden insbesondere von Verbraucherinnen und Verbrauchern, welche den Fernwärmemarkt betreffen. Mehr als 1 Million österreichischer Haushalte werden mit Fernwärme versorgt. Die Fernwärmeerzeugung unterliegt einem Wachstumstrend. Aufgrund der besonderen Marktstruktur ist eine Überprüfung der Wettbewerbsbedingungen und des Missbrauchspotentials von hoher Priorität,“ erklärt Natalie Harsdorf, Generaldirektorin der Bundeswettbewerbsbehörde.
Vorgehensweise bei der Branchenuntersuchung
Die Branchenuntersuchung wird sich auf abzufragende Unternehmensdaten, wissenschaftliche Literatur, einschlägige Publikationen sowie auf intensive Gespräche mit Stakeholdern wie Interessensvertretungen, Institutionen und Behörden (national sowie international) stützen.
Mehr Wettbewerb führt zu besserer Versorgung und Qualität
Studien belegen, dass ein höheres Maß an Wettbewerb zu einer besseren Versorgung und einer verbesserten Qualität von Produkten und Dienstleistungen führen kann, die letztendlich Verbraucherinnen und Verbrauchern zugutekommt.
Im Rahmen von Branchenuntersuchungen kann die BWB die wettbewerblichen Rahmenbedingungen sowohl in juristischer als auch ökonomischer Hinsicht evaluieren, um so Erkenntnisse über die konkrete Branche und deren Marktgegebenheiten zu erlangen.
Mit der Branchenuntersuchung kann die BWB mögliche Wettbewerbsprobleme und Missbrauchspotenzial im Bereich der Fernwärme identifizieren und auch Praktiken in den Fokus nehmen, die sich potentiell negativ für Verbraucherinnen und Verbraucher auswirken. Aus den Erkenntnissen sollen Empfehlungen abgeleitet werden. Erkenntnisse der BU können Anlass zur Einleitung von kartellgerichtlichen Verfahren geben.
Die Ergebnisse der Branchenuntersuchung werden in einem Abschlussbericht vorgestellt.