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Kartellobergericht trifft Grundsatzentscheidung bei einer verbotenen Durchführung einer Fusion durch REWE

Der Oberste Gerichtshof als Kartellobergericht („KOG“) hat mit Beschluss vom 30.11.2023 (16 Ok 4/23h) in einem Verfahren der BWB gegen die REWE International AG („REWE“) betreffend eine verbotene Durchführung einer Fusion dem Rekurs der BWB gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien als Kartellgericht in erster Instanz („KG“) vollinhaltlich stattgegeben. Dem KG hat das KOG nun die Festsetzung des Bußgeldes in „spürbarer“ Höhe aufgetragen.

Hintergrund

Mit Inkrafttreten des Pachtvertrages am 30.6.2018 übernahm die REWE Tochtergesellschaft Merkur Warenhandels AG (nunmehr „Billa Plus“ als Teil der Billa Aktiengesellschaft) Verkaufsflächen für einen Lebensmitteleinzelhandel im WELAS Park Einkaufszentrum in Wels, wo zuvor von der Weiß Handels GmbH ein Lebensmitteleinzelhandel betrieben wurde, ohne diesen Vorgang bei der BWB als Zusammenschluss anzumelden.

Die BWB brachte am 21.10.2021 einen Antrag auf Abstellung eines Verstoßes gegen das Durchführungsverbot von Fusionen ohne Anmeldung und Verhängung einer angemessenen Geldbuße wegen dieses rechtswidrigen Verhaltens gegen REWE beim KG ein. Aufgrund einer nachträglichen Zusammenschlussanmeldung (BWB/Z6052) änderte die BWB im laufenden Verfahren den Abstellungsantrag dann letztlich zu einen Feststellungsantrag ab, während der Antrag auf Verhängung einer angemessenen Geldbuße aufrechtgehalten wurde. Mit Beschluss vom 15.05.2023 bestätigte das KG zwar das Vorliegen eines anmeldebedürftigen Zusammenschlusses, wies jedoch das Geldbußen- und Feststellungsbegehren der BWB wegen mangelnder Strafwürdigkeit auf Seiten der REWE ab. Am 19.06.2023 erhoben die BWB und die zweite Amtspartei Bundeskartellanwalt jeweils einen Rekurs beim KOG gegen diese Entscheidung.

Nähere Ausführungen zum gesamten Sachverhalt und der Rechtsansicht des KG können in der Pressemeldung vom 28.06.2023 nachgelesen werden.

Entscheidung des KOG (16 Ok 4/23h)

Das KOG entschied im Sinne der BWB und bestätigte das Vorliegen eines anmeldepflichtigen Zusammenschlusses durch die Übernahme der LEH-Verkaufsflächen im Einkaufszentrum WELAS Park mittels Bestandvertrages von REWE. Zudem bestätigte das KOG nun auch für die Fusionskontrolle die kartellrechtliche Haftung der Muttergesellschaft REWE unter dem Gesichtspunkt des kartellrechtlichen, „funktionalen Unternehmensbegriffs“ und unter Bedachtnahme der im Kartellgesetz normierten wirtschaftlichen Betrachtungsweise für die Zuwiderhandlung einer mit ihr verbundenen Tochtergesellschaft, wenn „die Tochtergesellschaft trotz eigener Rechtspersönlichkeit ihr Marktverhalten nicht autonom bestimmt, sondern im Wesentlichen Weisungen der Mutter befolgt (…)“.

Zum Verschulden erklärte das KOG, dass von der Verhängung einer Geldbuße dann abzusehen ist, wenn das Verschulden des Betroffenen geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind und eine Bestrafung weder aus spezial- noch aus generalpräventiven Gründen erforderlich ist. Der OGH bestätigte im vorliegenden Fall die Rechtsansicht der Amtsparteien, dass seitens der REWE nicht von einem bloß geringen Verschulden auszugehen sei und somit auch nicht die Voraussetzung für ein Absehen einer Strafe (analog zu § 191 StPO) erfüllt seien. Das KOG betonte die Wichtigkeit der Anmeldebestimmungen der kartellrechtlichen Fusionskontrolle und dass etwa Schwierigkeiten bei der Ermittlung der relevanten Umsatzerlöse „keinen ‚Freibrieffür die Unterlassung der Anmeldung bewirken“.

Mit Blick auf die Maßgeblichkeit der österreichischen Fusionskontrolle und Anmeldepflicht bei der BWB hob das KOG hervor, dass „hier nicht mit der Verhängung einer ‚quasi symbolischen‘ Geldbuße das Auslangen gefunden werden [kann]“. Eine vom KG zu verhängende Geldbuße müsse des Weiteren spürbar sein.

Abschließend betonte das KOG, dass sich die Aufhebung der KG-Entscheidung nur auf die Bemessung der Geldbuße beziehe und die Berechtigung des Geldbußenantrags dem Grunde nach mit der vorliegenden Entscheidung bereits abschließend geklärt sei.

Das Kartellobergericht hat eine wegweisende Entscheidung getroffen, die präventiv im Sinne der Compliance mit den bestehenden Rechtsvorschriften wirken wird. Gerade in besonders konzentrierten Märkten, wie etwa im Lebensmittelhandel, ist es wichtig jede weitere Konzentration einer wettbewerblichen Prüfung unterziehen zu können, das darf nicht umgangen werden. Die Fusionskontrolle hat das öffentliche Interesse der Verbraucher an funktionierendem Wettbewerb als Ziel, ein Verstoß dagegen ist ― so der OGH ― kein Kavaliersdelikt. “ so die BWB-Generaldirektorin, Dr. Harsdorf-Borsch.