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BWB erhebt Rekurs an das Kartellobergericht in Verfahren wegen verbotener Durchführung

Die Bundeswettbewerbsbehörde und der Bundeskartellanwalt erhoben am 19.06.2023 und am 20.06.2023 jeweils einen Rekurs gegen einen Beschluss des Kartellgerichts vom 15.05.2023 an den Obersten Gerichtshof als Kartellobergericht. Die Rechtsmittel richten sich gegen die Entscheidung des Kartellgerichts in einem Verfahren der BWB gegen die REWE International AG (REWE) und behandeln wichtige Fragestellungen in der Zusammenschlusskontrolle und zur analogen Anwendung des § 191 StPO, der die Einstellung wegen Geringfügigkeit behandelt, im Kartellrecht.

Der zugrundeliegende Sachverhalt betrifft die langfristige Pachtung einer größeren Fläche eines bereits bestehenden Einkaufszentrums in Wels im Jahr 2018 durch eine Tochtergesellschaft des REWE Konzerns. Die BWB stellte am 21.10.2021 einen Antrag auf Abstellung der Zuwiderhandlung und Verhängung einer Geldbuße wegen verbotener Durchführung eines Zusammenschlusses.

Am 23.08.2022 meldete REWE den Zusammenschluss nachträglich an. Die Bundeswettbewerbsbehörde und der Bundeskartellanwalt stellten keinen Prüfungsantrag, wodurch die Fusion nach Ablauf der Frist freigegeben wurde. Der Abstellungsantrag wurde daraufhin von der BWB zu einem Feststellungsantrag abgeändert.

In seinem abweisenden Beschluss vom 15.05.2023 erklärte das Kartellgericht, dass es sich um einen anmeldebedürftigen Zusammenschluss handle, da ein Zusammenschlusstatbestand nach dem Kartellgesetz erfüllt und die gesetzlichen Umsatzschwellen überschritten waren.

Das Kartellgericht sah eine Haftung der REWE als Muttergesellschaft für einen Zusammenschluss nach § 7 Abs 1 Z 1 KartG jedoch erst mit Einführung des § 29 Abs 3 KartG durch das KaWeRÄG 2021 als gegeben an. Eine Geldbuße kann auch gegen Muttergesellschaften verhängt werden, die zu derselben wirtschaftlichen Einheit gehören wie das an der Zuwiderhandlung beteiligte Unternehmen.

Daher hafte REWE lediglich für die Zeit ab Inkrafttreten des § 29 Abs 3 KartG bis zur Freigabe des nachträglich angemeldeten Zusammenschlusses. Ferner kam das Kartellgericht zu dem Ergebnis, dass in analoger Anwendung des § 191 StPO von der Verhängung einer Geldbuße gegen REWE abzusehen war, insb. weil die Schuld der REWE als gering einzustufen war.

Der Rekurs der BWB richtet sich gegen die Ansicht des Kartellgerichts, dass REWE erst seit Inkrafttreten des § 29 Abs 3 KartG für ihre Tochtergesellschaft hafte und die Voraussetzungen für eine mangelnde Strafwürdigkeit bei analoger Anwendung des § 191 StPO vorliegen würden. Neben der Abweisung des Antrags auf Verhängung einer Geldbuße wird auch die Abweisung des Feststellungsbegehrens bekämpft.