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Baukartell UPDATE - BWB stellt Geldbußenantrag gegen Pittel + Brausewetter sowie Feststellungsantrag gegen Kronzeugen Kostmann

Die Bundeswettbewerbsbehörde hat im Rahmen der Ermittlungen in der österreichischen Bauwirtschaft am 21.02.2023 einen weiteren Antrag auf Verhängung einer Geldbuße gegen das Unternehmen Pittel + Brausewetter iHv EUR 4,81 Millionen sowie einen Antrag auf Feststellung einer Zuwiderhandlung gegen das Unternehmen Kostmann als Kronzeugen gestellt.

Bußgeldantrag gegen Pittel + Brausewetter

Die BWB stellte gegen Pittel + Brausewetter Gesellschaft m.b.H einen Geldbußenantrag iHv EUR 4,81 Millionen an das Kartellgericht. Der Kartellverstoß betrifft kartellrechtswidrige Preisabsprachen, Marktaufteilungen und Informationsaustausch mit Mitbewerbern in Bezug auf öffentliche und private Ausschreibungen im Bereich Hoch- und Tiefbau, vorwiegend Straßenbau, in Österreich.

Die BWB übermittelte Pittel + Brausewetter im September letzten Jahres eine Mitteilung der Beschwerdepunkte. Pittel + Brausewetter hat den von der BWB ermittelten Sachverhalt nunmehr anerkannt. Das Unternehmen zeigte sich an einer raschen Verfahrensbeendigung interessiert und gab ein umfassendes Anerkenntnis für das Verfahren vor dem Kartellgericht ab. Die BWB hat daher ‒ unter Einbindung des Bundeskartellanwalts ‒ eine geminderte Geldbuße iHv EUR 4,81 Millionen beantragt. das Unternehmen hat die Höhe als verhältnismäßig anerkannt. Die BWB hat auch die Einrichtung eines umfassenden Compliance-Systems bei der Bemessung der Geldbuße mitberücksichtigt.


Kostmann erhielt vollen Kronzeugenstatus durch die BWB
Gegen das Unternehmen Kostmann GesmbH wurde ein Antrag auf Feststellung einer Zuwiderhandlung an das Kartellgericht gestellt. Kostmann stellte bereits im Frühjahr 2017 einen Kronzeugenantrag und kooperierte in der Folge kontinuierlich und umfassend mit der BWB, sodass das Bußgeld vollständig erlassen wird.
Kostmann hat als erstes Unternehmen Informationen und Beweismittel vorgelegt, die es der BWB ermöglichten, ihre Untersuchungen maßgeblich auszuweiten. Die BWB kann davon Abstand nehmen die Verhängung einer Geldbuße zu beantragen, wenn das Unternehmen die Kriterien der Kronzeugenregelung erfüllt. Aus diesem Grund wurde von der Verhängung einer Geldbuße gegen Kostmann abgesehen und lediglich die Feststellung der Teilnahme am Kartell durch das Kartellgericht beantragt. Kostmann hat im Rahmen der Kooperation mit der BWB ein Anerkenntnis abgegeben und die Bereitschaft zu einer einvernehmlichen Verfahrensbeendigung erklärt. Kostmann hat zudem ein zertifiziertes Compliance-System eingeführt und weitere Maßnahmen gesetzt, um zukünftige Zuwiderhandlungen gegen das Kartellverbot hintanzuhalten.


Die Zuwiderhandlung betrifft kartellrechtswidrige Preisabsprachen, Marktaufteilungen und Informationsaustausch mit Mitbewerbern in Bezug auf öffentliche und private Ausschreibungen im Bereich Hoch- und Tiefbau, insbesondere schwerpunktmäßig im Straßenbau in Österreich.


Das Kronzeugenprogramm im Kartellrecht funktioniert gut, auch im Bereich der Vergabeabsprachen. Kronzeugen helfen uns geheime Absprachen von innen heraus aufzudecken. Mit Stand heute hat die BWB seit 2006 rund 120 Kronzeugenanträge erhalten“, so die interimistische Generaldirektorin Natalie Harsdorf-Borsch.

Hintergrund
Im Frühjahr 2017 hat die BWB im Rahmen ihrer Ermittlungen zu Absprachen in der Bauwirtschaft gemeinsam mit der WKStA Hausdurchsuchungen durchgeführt und dabei umfangreiches Datenmaterial sichergestellt. Das aufgedeckte Kartell betrifft den Wirtschaftszweig der Bauwirtschaft bzw das Baugewerbe, wobei nahezu sämtliche Sparten im Bereich Hoch- und Tiefbau, insbesondere schwerpunktmäßig der Bereich Straßenbau, umfasst waren.
Die Zuwiderhandlung betrifft das gesamte österreichische Bundesgebiet, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß je nach beteiligtem Unternehmen. Betroffen sind insbesondere zahlreiche öffentliche aber auch private Auftraggeber. Es handelt sich um eine große Anzahl an Bauvorhaben, gegen eine Vielzahl der mutmaßlich beteiligten Unternehmen laufen die Ermittlungen der BWB noch. Teilweise wurden die Verfahren auch bereits rechtskräftig abgeschlossen.
Im Rahmen der Zuwiderhandlung wurden zwischen den beteiligten Unternehmen Absprachen getroffen, um sich gegenseitig zur Erteilung von Aufträgen zu verhelfen und so unter anderem Marktanteile zu sichern und eine entsprechende Kapazitätsauslastung zu erhalten. Um dieses gemeinsame Ziel zu erreichen, kam es zu Preisabsprachen, Marktaufteilungen, den Austausch wettbewerbssensibler Informationen, wie etwa Abstimmungen über zukünftiges Verhalten bei Angebotsabgaben, sowie vereinzelt zur Bildung kartellrechtswidriger Arbeits- und Bietergemeinschaften.
Unter anderem wurde zwischen den beteiligten Unternehmen etwa der Ausschreibungsgewinner, der abzugebende Preis und die Abgabe von „Deckangeboten“ vereinbart bzw. festgelegt, dass bestimmte Mitbewerber überhaupt kein Angebot legen sollten. Derartige Deckangebote wurden dabei sowohl im Rahmen von Gesprächsrunden unter den Mitbewerbern als auch in Form bilateraler Kontakte abgestimmt.


FAQ Baukartell Update Februar 2023
Weiterführende Informationen und Entwicklungen im Baukartell können Sie in dem FAQ Baukartell Update Februar 2023 finden.


Geldbußen nach dem Kartellgesetz
Nach dem Kartellgesetz sind Handlungsweisen verboten, die den Wettbewerb behindern oder verfälschen. Dazu zählen etwa Preisabsprachen oder die Aufteilung von Märkten bzw. Gebieten. Bei einem festgestellten Verstoß kann das Kartellgericht auf Antrag der BWB Geldbußen bis zu 10% des im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes verhängen. Die Geldbußen werden unter Berücksichtigung der Schwere und Dauer der Rechtsverletzung, des Verschuldens und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und der Kooperation des betroffenen Unternehmens bemessen.