Home » News » Detail

Kartellgericht weist Antrag auf Abstellung einer marktbeherrschenden Stellung gegen Übertragungsnetzbetreiber im Strommarkt ab

Austropapier, die Vereinigung der österreichischen Papierindustrie, voestalpine, VERBUND und die österreichische Energiebörse EXAA reichten gemeinsam einen Antrag auf Abstellung des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung gegen den deutschen Übertragungsnetzbetreiber TenneT TSO GmbH beim Kartellgericht ein.

Mit Oktober 2018 wurde an der deutsch-österreichischen Grenze ein Engpassmanagement eingeführt. Als Engpassmanagement sind Maßnahmen zu verstehen, die Netzbetreiber implementieren um Engpässe im Stromnetz zu vermeiden bzw. zu beheben. Somit soll es Netzstabilität und die Versorgungssicherheit von Strom gewährleisten.

Die Einführung des Engpassmanagements erfolgte durch die Trennung der zuvor gemeinsamen Gebotszone am Strommarkt (Strompreiszone), welche ursprünglich Deutschland, Luxemburg und Österreich erfasste, an der Grenze zu Österreich. Österreich ist somit seit Oktober 2018 nicht mehr Teil der ursprünglichen Gebotszone. Die Einführung einer Engpassbewirtschaftung iSv EU-Verordnung 714/2009 an der deutsch-österreichischen Grenze erfolgte auf Grundlage einer Entscheidung der Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER) im Jahr 2016, gegen die in weiterer Folge von Marktteilnehmern und Regulatoren Rechtsmittel erhoben wurden und nachfolgender Anordnungen der Regulatoren.

Antrag auf Abstellung einer marktbeherrschenden Stellung

Austropapier, die Vereinigung der österreichischen Papierindustrie, voestalpine, VERBUND und die österreichische Energiebörse EXAA reichten gemeinsam einen Antrag auf Abstellung des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung gegen den deutschen Übertragungsnetzbetreiber TenneT TSO GmbH beim Kartellgericht ein.

Gegenstand des Abstellungsantrages war die Unterlassung aller Maßnahmen zur Umsetzung der Engbassbewirtschaftung an der Grenze zwischen Österreich und Deutschland und die Einstellung sämtlicher in diesem Zusammenhang bereits gesetzter Maßnahmen. TenneT TSO GmbH, ist eine Übertragungsnetzbetreiberin in Deutschland. Die Antragstellerinnen brachten im Wesentlichen vor, dass der deutsche Übertragungsnetzbetreiber seine marktbeherrschende Stellung ausnutze, indem er innerdeutsche Netzengpässe mit der Einführung einer Engpassbewirtschaftung an der österreich-deutschen Grenze beheben möchte. Durch die Maßnahme komme es zu einer wettbewerbswidrigen Marktverzerrung da die strukturellen Netzengpässe nicht an der österreich-deutschen Grenze, sondern vielmehr innerhalb von Deutschland liegen würden.

Kartellgericht wies den Antrag ab 

Dieser Antrag wurde vom Kartellgericht (24 Kt 1/19f) mit Beschluss vom 25.02.2020 aus den folgenden Gründen abgewiesen:

  • fehlende Passivlegitimation der Antragsgegnerin,
  • mangelnde Aktivlegitimation hinsichtlich einer Antragstellerin sowie
  • unberechtigter „Einwand staatlichen Handelns“ („Regulated Conduct Defense“).

Zur fehlenden Passivlegitimation der Antragsgegnerin führte das Kartellgericht aus, dass aus im Zusammenhang mit dem Elektrizitätsbinnenmarkt erlassenen europarechtlichen Normen mit hinreichender Deutlichkeit eine Rechtslage abzuleiten ist, wonach die Antragsgegnerin gar nicht befugt ist, die von den Antragstellerinnen geforderten Unterlassungen alleine (ohne Mitwirkung der übrigen Übertragungsnetzbetreiber) vorzunehmen. In diesem Zusammenhang äußerte das Kartellgericht zudem erhebliche Bedenken, dass eine einseitige Umsetzung in technischer Hinsicht überhaupt möglich wäre.

Das Kartellgericht erachtete weiters den „Einwand des staatlichen Handelns“ der Antragsgegnerin als begründet. Die ACER-Entscheidung entfaltete laut Kartellgericht ‑ mangels aufschiebender Wirkung der dagegen eingebrachten Beschwerden ‑ für die Adressaten „in allen ihren Teilen“ verbindliche Wirkung und ließ den Übertragungsnetzbetreibern betreffend die Frage, ob eine Gebotszonengrenze samt koordinierter Kapazitätsvergabe einzuführen sei, keinen Handlungsspielraum offen. Ein Antrag der Antragsgegnerin auf Zurückweisung des Abstellungsantrages wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs wurde vom Kartellgericht verworfen. Die Antragstellerinnen erhoben kein Rechtsmittel gegen den Beschluss des Kartellgerichts. Der Beschluss ist damit rechtskräftig.