Am 13.12.2022 wurde der Medienzusammenschluss MFE MEDIAFOREUROPE N.V.; ProSiebenSat.1 Media SE angemeldet. MFE MEDIAFOREUROPE N.V beabsichtigt ihre bestehende Beteiligung an der ProSiebenSat.1 Media SE (P7S1) bis zur nächsten planmäßigen Jahreshauptversammlung von P7S1 am 2.5.2023 auf 29,9% der Stimmrechte auszubauen und damit die faktische alleinige Kontrolle über P7S1 zu übernehmen.
Das Zusammenschlussvorhaben erfüllt die Voraussetzungen der Anmeldepflicht nach den Regeln der FKVO. Das Vorhaben wird daher hinsichtlich seiner Auswirkungen auf den Wettbewerb von der EK geprüft werden. Das anhängige Verfahren prüft ausschließlich die Auswirkungen des Vorhabens auf die Medienvielfalt (§ 12 iVm § 13 KartG). Die BWB hat als Amtspartei die Kompetenz, Zusammenschlüsse von Medienunternehmen bzw Medienhilfsunternehmen iSv § 8 KartG zu prüfen bzw eine vertiefte Prüfung nach § 11 KartG zu beantragen, wenn zu erwarten ist, dass ein Medienzusammenschluss die Medienvielfalt beeinträchtigt (§ 13 Abs 1 KartG).
Das KartG schützt die Medienvielfalt strukturell als eine Vielfalt von selbständigen Medienunternehmen, die nicht iSv § 7 KartG miteinander verbunden sind und auf diese Weise eine Berichterstattung unter Berücksichtigung unterschiedlicher Meinungen gewährleisten.
P7S1 ist über ihre alleinige deutsche Tochter Seven.One Entertainment Group GmbH (Seven.One) Alleingesellschafterin der ProSiebenSat.1Puls4 GmbH (P7S1-AT), bei der die österreichischen Medienaktivitäten der P7S1-Gruppe konzentriert sind. Konkret geht es um die österreichischen Vollprogramme PULS 4, PULS 24, ATV und ATV 2, sowie die Österreich-Programm- und Werbefenster von ProSieben, kabel eins, SAT 1, Sixx, ProSieben MAXX, Sat.1 Gold und kabel Eins Doku.
BWB stellte Prüfungsantrag an das Kartellgericht
P7S1 ist einer von zwei Anbietern im Bereich Privat-TV, die im wesentlichen Umfang breit gefächerte Inhalte (Nachrichten, Unterhaltung, Infotainmentformate, Filme und Serien) speziell für österreichisches Publikum produzieren. P7S1 hat als Marktteilnehmer daher eine wesentliche Bedeutung für die Medienvielfalt iSv § 13 KartG.
Zur Frage der Auswirkungen des angemeldeten Zusammenschlussvorhabens hat die Prüfung der BWB ergeben, dass nach derzeitigem Kenntnisstand nicht ausgeschlossen werden kann, dass es infolge einer allfälligen Durchführung zu nachteiligen Auswirkungen auf den Status quo der Medienaktivitäten von P7S1 in Österreich, insbes den Umfang der österreichspezifischen Programminhalte, kommen kann.
„Die Medienvielfalt ist ein hohes Gut in der Demokratie und jede mögliche Einschränkung wird von der BWB sehr ernst genommen“, erklärt die interimistische Generaldirektorin Natalie Harsdorf-Borsch.
Die KommAustria hat eine Stellungnahme eingebracht, die das Vorhaben ebenfalls kritisch wegen potenziell negativer Auswirkungen auf die Medienvielfalt würdigt und das Erfordernis einer weiteren Prüfung nahelegt.
Es ist außerdem eine Stellungnahme eines Unternehmens nach § 10 Abs 4 KartG bei der BWB eingegangen, die die Auswirkungen des angemeldeten Vorhabens auf die Medienvielfalt negativ bewertet.
Die vorliegenden Informationen machen eine vertiefte Prüfung des Vorhabens erforderlich. Die BWB hat daher am 10.1.2023 eine Prüfung des Zusammenschlussvorhabens nach § 11 KartG beantragt. Der Bundeskartellanwalt (BMJ) stellt ebenfalls einen Prüfantrag.
UPDATE: Zurückziehung der Anmeldung
Am 27.01.2023 wurde der verfahrensgegenständliche Antrag von der Anmelderin, MFE-MEDIAFOREUROPE N.V., zurückgezogen.