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BWB bestätigt Kronzeugenstatus von FCC Austria Abfall Service AG und stellt Antrag beim Kartellgericht

Nach umfangreichen Ermittlungen in der Abfallwirtschaftsbranche stellte die BWB am 15.2.2024 einen ersten Antrag an das Kartellgericht gegen die FCC Austria Abfall Service AG ("FCC") wegen Preisabsprachen, Marktaufteilungen und Austausch von wettbewerbssensiblen Informationen. FCC hat an einem österreichweiten Kartell von zumindest Juli 2002 bis März 2021 teilgenommen.

Die FCC kooperierte im Rahmen des Kronzeugenprogramms von Beginn der Ermittlungen umfassend mit der BWB und dem Bundeskartellanwalt. Das Unternehmen gab ferner ein Anerkenntnis über den Sachverhalt ab und trug so zur Verfahrensbeschleunigung bei. Aufgrund der frühzeitigen und vollständigen Kooperation sah die BWB von der Beantragung der Verhängung einer Geldbuße ab. Das Unternehmen erhielt somit volle Immunität nach dem Kronzeugenprogramm.

Bisherige Ermittlungen der BWB in der Abfallwirtschaft

Im März 2021 führte die BWB bei über 20 Unternehmen der Abfallwirtschaft Hausdurchsuchungen durch (Pressemitteilung vom 18.3.2021). Nach Kronzeugenanträgen, zahlreichen Whistleblower-Meldungen und Einvernahmen wurden ein Jahr später aufgrund neuer Verdachtsmomente ergänzende Hausdurchsuchungen durchgeführt (Pressemitteilung vom 28.04.2022). Insgesamt sicherte die BWB bei den Unternehmen in fast allen Bundesländern umfangreiches Datenmaterial. Davon über 60 TB IT-Daten und über 2000 Seiten an physischen Dokumenten. Gegen eine Vielzahl weiterer Unternehmen laufen die Ermittlungen der BWB noch.

Das ist jetzt der erste Antrag an das Kartellgericht welchen die BWB in der Abfallbranche stellt. In diesem Jahr ist mit Geldbußenanträgen gegen eine Reihe weiterer Unternehmen zu rechnen. Wir haben alles sehr detailliert aufgearbeitet. Gerade im Sinne der Gemeinden und letztlich der Steuerzahler:innen ist es wichtig, dass hier alles ordnungsgemäß abläuft.“, so Natalie Harsdorf-Borsch, Generaldirektorin der BWB.

Zuwiderhandlungen

Die Zuwiderhandlungen betreffen Preisabsprachen, Marktaufteilungen und Austausch von wettbewerbssensiblen Informationen von zumindest Juli 2002 bis März 2021. Dadurch verhalfen sich die Unternehmen gegenseitig zur Erteilung von Aufträgen, verringerten Unsicherheiten in Bezug auf ihr künftiges Geschäftsverhalten und sicherten so ihre Marktanteile.

Durch die Gebietsaufteilung und Kundenaufteilungen schufen die beteiligten Unternehmen ein ineinandergreifendes Konstrukt aus Kartellen, das letztlich ganz Österreich umfasste.

Betroffener Wirtschaftszweig

Die Abfallwirtschaft wird traditionell in die Bereiche Abfallsammlung, Abfallbehandlung und -beseitigung sowie Rückgewinnung gegliedert. Weiters kann zwischen Siedlungsabfällen und Wirtschaftsabfällen mit weiteren Segmentierungen nach Stoffströmen unterschieden werden.

Ca. 300 Unternehmen sind im Markt für Abfallwirtschaft in Österreich aktiv. Neben überregional agierenden Marktteilnehmern sind viele kleinere Unternehmen im regionalen Raum tätig.

Neben europarechtlichen Vorgaben stellt das Abfallwirtschaftsgesetz (AWG 2002) die wichtigste gesetzliche Grundlage für diese Branche dar und regelt die Abfallvermeidung, das Recycling, die sonstige Verwertung (zB energetische Verwertung) sowie die Beseitigung von Abfall. Zusätzlich sind in allen Bundesländern Landesgesetze für die Abfallwirtschaft in Kraft, welche die kommunale Abfuhr von Abfällen, die Einhebung der Abfallgebühren sowie die Planung von Anlagen regeln.

Die Ermittlungen der BWB in der Abfallwirtschaftsbranche konzentrierten sich auf die Abfallsammlung, nahmen daneben aber auch die Weiterverarbeitung in Form von Trennung, Recycling und Verwertung sowie die Entsorgung von Abfällen in den Fokus.

Kronzeugenregelung und Absehen von der Verhängung einer Geldstrafe

Gemäß § 11b WettbG kann die BWB unter den dort genannten Voraussetzungen für die Mitwirkung eines Unternehmens an der Aufdeckung eines Kartells die zu verhängende Geldbuße mindern oder nur die Feststellung einer Zuwiderhandlung beantragen, da volle Immunität von einem Bußgeld gewährt wird (Weitere Informationen zur  Kronzeugenregelung).