Einleitung
Generaldirektor Dr. Theodor Thanner begrüßte die Gäste der Veranstaltung und bedankte sich bei Co-Organisator Dr. Wolfgang Berger (Berger, Daichendt, Grobovschek Rechtsanwälte) für die tatkräftige Unterstützung bei Koordination und Durchführung der Veranstaltung. GD Dr. Thanner, selbst Salzburger, freute sich den Competition Talk in die Bundesländer hinauszutragen und dabei zahlreiche interessierte Hörer anzusprechen. Als Moderatorin führte Mag. Sigrid Tresnak durch die Veranstaltung, welche zunächst die Speaker Dr. Lukas Wolfgang Berger (Berger, Daichendt, Grobovschek Rechtsanwälte; Vereinigung zur Förderung des lauteren Wettbewerbs und des gewerblichen Rechtsschutzes), Univ.-Prof. Dr. Thomas Müller, LL.M. (Universität Salzburg) sowie Dr. Anastasios Xeniadis, LL.M. (BWB) vorstellte.
Vorträge
Den Anfang der Vortragsreihe machte Dr. Lukas W. Berger, der die Ermittlungsinstrumente der BWB erläuterte: Neben der Zeugeneinvernahme und den Auskunftsverlangen, zähle die Hausdurchsuchung (HD) zu einer wichtigen Maßnahme zur Beschaffung von Informationen und Beweismittel. Gesetzliche Grundlage dafür sind im Wesentlichen die §§ 11, 11a und 12 WettbG.
Dr. Berger stellte die Frage in den Raum, wie eine HD in der Praxis umgesetzt wird und leitete zu Dr. Xeniadis weiter. Dr. Xeniadis führte zunächst aus, dass sich die Wahrnehmung der Hausdurchsuchungen in den letzten Jahren gewandelt habe. Am Anfang waren HDs mitunter hektisch und stressig. Nun sei nach und nach ein gewisser Gewöhnungseffekt und eine gelebte Praxis eingetreten. Dr. Xeniadis erklärte, dass die BWB in den vergangenen Jahren ihren Schwerpunkt bei Ermittlungshandlungen deshalb vermehrt auf Hausdurchsuchungen legte, da andere Ermittlungsinstrumente – wie etwa Einvernahmen und Auskunftsverlangen – als weniger zielführend erachtet wurden, um kartellrechtliche Verstöße aufzudecken. Verstöße werden üblicherweise nicht freiwillig eingestanden bzw. die Unternehmen durch solche Ermittlungsinstrumente auch gewarnt, dass Ermittlungen laufen.
Dr. Berger leitete sodann über zum Punkt Koordination von Hausdurchsuchungen, diese müssen ruhig und geordnet ablaufen. Dr. Xeniadis bekräftigte die Worte von Dr. Berger und fügte hinzu, dass der Umgang mit den Personen vor Ort oft über die nächsten Entwicklungen entscheide. Der BWB ist es daher wichtig, dass die Mitarbeiter der Unternehmen verstehen warum die BWB vor Ort ist und man beispielsweise zu deren Arbeitsplätzen und PCs muss um nach Unterlagen zu suchen. Die HD richte sich gegen das Unternehmen und nicht gegen Mitarbeiter. Dies sei wichtig den Mitarbeitern zu vermitteln.
Dr. Berger wies auf die Rechtsmittel hin, die im Zuge einer Hausdurchsuchung ergriffen werden können. Dabei unterscheide man zwei Arten wie gegen Hausdurchsuchungen vorgegangen werden kann. Zum einen gebe es beim Vorwurf des exzessiven Handelns durch Mitarbeiter der BWB die sogenannte Maßnahmenbeschwerde, welche an das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) zu richten sei. Auf der anderen Seite könnten die Unternehmen inhaltlich gegen den Hausdurchsuchungsbefehl mittels Rekurs an den OGH als Kartellobergericht (KOG) vorgehen. Gegenstand ist der vom Hausdurchsuchungsbefehl (HD-Befehl) erteilte Ermächtigungsrahmen. Bisher war noch kein Rechtsmittel erfolgreich, die Rechtmäßigkeit des Vorgehens der BWB-Mitarbeiter wurde stets bestätigt, hob Dr. Xeniadis hervor. Ebenso wurde noch kein Hausdurchsuchungsbefehl des KG aufgehoben.
Ein weiterer wichtiger Punkt wurde mit der Durchführung von Complianceschulungen angesprochen, also interne und externe Maßnahmen im Unternehmen zu setzen um rechtswidriges Verhalten möglichst im Vorhinein zu beseitigen oder zu minimieren. Dr. Xeniadis hob die Wichtigkeit solcher Maßnahmen hervor. Nicht nur in der Zentralstelle, sondern besonders vor Ort sollten Compliancemaßnahmen genützt und durchgeführt werden. Auch Unternehmen, bei denen die BWB bereits eine HD durchgeführt hat, sind nicht vor erneuten Besuchen sicher, so Dr. Xeniadis weiter. Es habe bereits mehrmals weitere Durchsuchungen beim gleichen Unternehmen gegeben, beispielsweise wenn weitere Beweismittel aufgetreten sind, die eine neuerliche Durchsuchung erforderlich machten.
Zu den Erfordernissen eines HD-Befehls führte Dr. Berger aus, dass es einen begründeten Anfangsverdacht benötige. Der HD-Befehl wird von der BWB beantragt, aber stets vom Senatsvorsitzenden des Kartellgericht ausgestellt. Dr. Xeniadis ergänzte, dass in etwa 80-90% der Fälle ein von der BWB beantragter HD-Befehl auch erlassen würde.
Zum Procedere einer HD führte Dr. Xeniadis aus, dass HDs nie im Vorfeld angekündigt werden. Teilweise wird seitens der BWB angeboten bei den Unternehmen eine freiwillige Nachschau durchzuführen. Bei der freiwilligen Nachschau stehe im Gegensatz zur HD kein Rechtsmittel offen. Ebenfalls gäbe es hier auch keine Begrenzung auf die vom HD-Befehl erfassten Bereiche. Die freiwillige Nachschau biete den Unternehmen einen Anreiz mit der BWB zu kooperieren und dadurch zusätzlich eine Strafmilderung zu bekommen, so Dr. Xeniadis abschließend.
Dr. Berger hob hervor, dass gemäß § 12 Abs 3 WettbG die BWB den HD-Befehl innerhalb von 24 Stunden zuzustellen habe. Dies bedeutet jedoch ab Beginn der HD, nicht ab Zustellung durch das Gericht an die BWB, so Dr. Xeniadis aufklärend. Es kann auch vorkommen, dass im Zuge der HD weitere Beweismittel von im HD-Befehl nicht gedeckten Bereichen auftreten (sog. Zufallsfunde), weiters, dass etwa eine vom Firmenbuch abweichende Geschäftsadresse vorliegt. In diesen Fällen beantragt die BWB beim Kartellgericht eine Erweiterung des Hausdurchsuchungsbefehls, welche bis dato in aller Regel erteilt wurde.
Die Zustellung des HD-Befehls erfolge meist an den Geschäftsführer bzw. Vorstand des Unternehmens. Falls dieser nicht anwesend sein sollte, an eine vertretungsbefugte Person. Dr. Xeniadis bekräftigte, dass, falls keiner dieser Personen anwesend sei, das Schriftstück auch theoretisch beispielsweise an das Sekretariat oder den Portier zugestellt werden könne. Punkto Wartezeit und Beginn der HD merkte Dr. Xeniadis an, dass die BWB nicht auf das Erscheinen einer Vertrauensperson (z.B. Rechtsanwalt) warten müsse.
Auf die Frage von Dr. Berger was passiere, wenn relevante Dokumente beispielsweise bei einem Mitarbeiter zu Hause gelagert würden, führte Dr. Xeniadis aus, dass sich ein HD-Befehl auch auf private Räumlichkeiten erstrecken könne. Die zu prüfenden Erfordernisse seitens des KG seien zwar höher, es sei aber möglich auch in Wohnungen und Häusern der Mitarbeiter HDs durchzuführen. Dr. Xeniadis ergänzte, dass in einem Gebäudekomplex eines Unternehmens auch alle Gesellschaften des betroffenen Unternehmens Zugang gewähren müssen, sofern der HD-Befehl für alle Gesellschaften erlassen wurde. So können keine Unterlagen in Räume verbracht werden, die nicht vom HD-Befehl gedeckt sein würden.