Als letzter Redner erläuterte Dr. Dominik Erharter (BWB), dass Wettbewerb durch Innovation, Adaption und Marktanteilsverschiebungen zu Produktivitätswachstum führe und damit zu langfristigem Wirtschaftswachstum und der Schaffung von Arbeitsplätzen beitrage.
Weiters beleuchtete er auch den Beitrag der Wettbewerbspolitik in diesem Zusammenhang. Laut einem Literatursurvey der OECD erhöhe effektive Wettbewerbspolitik sowohl das Produktivitätswachstum als auch das Wirtschafts-wachstum (OECD 2014). Weiters schaffe Wettbewerbspolitik Anreize für produktivitätssteigernde Maßnahmen (Syverson, 2011). Eine sehr aufwendige Studie im Auftrag der DG ECFIN untersuche zudem die Abschreckungswirkung von Wettbewerbspolitik und deren Auswirkungen auf Produktivitätswachstum (Buccirossi et al 2011, 2013).
b. Wettbewerbspolitik und soziale Wohlfahrt
Dr. Erharter führte weiter aus, dass Wettbewerbspolitik die Gestaltung des Wettbewerbsrechts und seiner Durchsetzung bezeichne. Ziel der Wettbewerbspolitik sei es, durch die Sicherstellung eines fairen und effizienten Wettbewerbs die soziale Wohlfahrt zu maximieren (Buccirossi et al 2011, Duso 2014). Die Methoden der Wettbewerbspolitik würden zur Schaffung struktureller Voraussetzungen für Wettbewerb statt Preisregulierung und anderen Mikroeingriffen führen. Der Konsumentennutzen erhalte in der Zielfunktion der Wettbewerbspolitik in der Regel besonderes Gewicht.
c. Effektivität der Wettbewerbspolitik
Im Weiteren erläuterte Dr. Erharter die Effektivität der Wettbewerbspolitik. Demnach erfolge die Durchsetzung des Wettbewerbsrechts durch allgemeine Abschreckung, die nach Becker (1968) von folgenden Faktoren abhänge:
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- Strafhöhe: Die Abschreckung steige im Schaden, den ein Unternehmen und seine Manager im Falle einer Bestrafung erleiden müssten.
- Entdeckungswahrscheinlichkeit: Die Abschreckung steige in (wahrgenommener) Wahrscheinlichkeit, dass Wettbewerbsverstöße entdeckt würden.
- Fehlerwahrscheinlichkeit: Die Abschreckung sinke in der Wahrscheinlichkeit, dass ein Unternehmen fälschlicherweise bestraft/nicht bestraft würde.
Analog steige bei Fusionen die Abschreckung in der Wahrscheinlichkeit, dass problematische Fusionen erkannt und verboten würden. Die maximale Abschreckung wäre erreicht, wenn es keine Kartelle oder wettbewerbswidrigen Vereinbarungen mehr gäbe und alle angemeldeten Fusionen unproblematisch wären.
d. CPI: Die Messung von Abschreckung
Durch den sogenannten Competition Policy Index (CPI) (Buccirossi et al. 2011; Duso 2014) könne die Messung von Abschreckung erfolgen.
Dieser Index umfasst institutionelle Merkmale, wie Unabhängigkeit (Weisungsfreiheit), Gewaltenteilung (Art des Berufungsgerichtes etc.), Qualität der Gesetze (Beweislast, Kronzeugenregelung etc.), Umfang der Ermittlungsbefugnisse (Hausdurchsuchungen etc.) sowie Sanktionen (Maximale Schadenshöhe) auf der einen Seite und Durchsetzungsmerkmale wie etwa Ressourcen (Budget, Personal, Qualifizierung des Personals) und Aktivität (Anzahl der Fälle und der Sanktionen) auf der anderen Seite. Laut Duso (2014) seien all diese Merkmale hoch korreliert.
Hauptergebnis der empirischen Studie von Buccirossi et al (2013) war, dass eine Erhöhung des CPI um 1% das Produktivitätswachstum um 4,5% steigere. Duso (2014) führt dazu das folgende Beispiel an: Zwischen 2000 und 2001 erhielt die niederländische Wettbewerbsbehörde ein höheres Budget und qualifiziertere Mitarbeiter. Der CPI der Niederlande stieg dadurch um 16,4% an. Laut der Untersuchung von Buccirossi et al (2013) erhöhte sich dadurch das Produktivitätswachstum der Niederlande um 73% (16,4*4,5). In der niederländischen Textilindustrie entsprach das einem Anstieg des Produktivitätswachstums von 1,2% auf 2,1% (1,2*1,73).
e. Wettbewerbspolitik in Österreich
Für Österreich gäbe es bisher keine empirischen Untersuchungen zu den Auswirkungen der Wettbewerbspolitik auf das Produktivitätswachstum. Nach Duso (2014) sind gutes institutionelles Design und eine gute Ressourcenaustattung hoch korreliert. "Die bestehende empirische Evidenz aus anderen Ländern legt nahe, dass Österreich von einer Aufwertung der Wettbewerbspolitik profitieren könnte. Das dürfte umso mehr zutreffen, da die BWB die kleinste Wettbewerbsbehörde Europas ist" so Dr. Erharter abschließend.
Nach der Diskussionsrunde bedankte und verabschiedete sich GD Dr. Thanner bei den Vortragenden und Gästen des 20. Competition Talk.