BWB/A-1361 - verbotene Durchführung

Das Kartellgericht verhängte mit Beschluss vom 27.12.2012 gegen zwei Unternehmen, die im Logistik-Bereich tätig sind, eine Geldbuße.

Das Kartellgericht verhängte mit Beschluss vom 27.12.2012 gegen zwei Unternehmen, die im Logistik-Bereich tätig sind, eine Geldbuße.

Die vom KG ursprünglich verhängte Geldbuße im Logistikbereich wurde von EUR 4.500,- vom KOG auf EUR 100.000,- erhöht. 

Das Verfahren: unterlassene Anmeldung und Ausschöpfung diverser Rechtsmittel

In den Jahr 2000 und 2004 wurden zwei ungarische Logistikunternehmen gegründet. Die Geschäftsanteile an den beiden Unternehmen hielt anfangs eine ungarische Gesellschaft (74,9 %) und ein österreichisches Logistik Unternehmen (25,1 %). 2007 wurden die Gesellschaftsanteile der Muttergesellschaft von 25,1 % auf 50 % erhöht. Dieses Zusammenschlussvorhaben wurde damals nur bei der ungarischen Wettbewerbsbehörde angemeldet. Eine weitere Aufstockung der Anteile  von 50 auf 100% wurde am 8.6.2010 bei der BWB angemeldet.

Die BWB gewährte zwar den Zusammenschluss, brachte aber einen Antrag auf Geldbuße wegen verbotener Durchführung zweier Zusammenschlüsse ein.

In erster Instanz wurde 2011 eine Geldbuße in der Höhe von EUR 4.500,- verhängt. Die BWB brachte Rekurs gegen diese Entscheidung ein, da sie die verhängte Geldbuße aufgrund einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung als unangemessen niedrig erachtete. Das Kartellobergericht hob die Entscheidung des Kartellgerichts auf und trug dem Kartellgericht die Prüfung auf Vorliegen eines entschuldbaren Rechtsirrtums auf. Das Kartellgericht verhängte auch im fortgesetzten Verfahren 2012 eine Geldbuße von EUR 4.500,-. Einen entschuldbaren Rechtsirrtum konnte das Kartellgericht nicht erkennen, obwohl festgestellt wurde, dass es sich bei der mit der Prüfung beauftragten Kanzlei um eine auf Kartellrecht spezialisierte Großkanzlei handelte.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der erneute Rekurs der BWB, da sie die Geldbuße weiterhin als unangemessen niedrig erachtete.

Das KOG hat diesem Rekurs nun teilweise rechtgegeben und die Geldbuße auf EUR 100.000,- erhöht. Das rechtswidrige Verhalten wurde bereits zuvor festgestellt. Offen blieb im ersten Rechtsgang lediglich das Ausmaß des Verschuldens und das mögliche Vorliegen eines entschuldbaren Rechtsirrtums insbesondere nach Einholung des Rats einschlägiger Experten.

Kein entschuldbarer Rechtsirrtum bei Zusammenschlüssen

Diesbezüglich verwies das KOG auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs, der in einem Vorabentscheidungsersuchen ausgesprochen hat, dass der Rechtsrat eines Anwalts auf keinen Fall ein berechtigtes Vertrauen darauf begründen kann, dass das Verhalten eines Unternehmens nicht gegen Art 101 AEUV verstoße oder nicht zur Verhängung einer Geldbuße führe. Diese Entscheidung sei zwar nicht einschlägig, da der vorliegende Fall Zusammenschlüsse und keinen Kartellverstoß betreffe.

Umsatzschwellen und Zusammenschlusstatbestände seien jedoch fusionsrechtliches Basiswissen, das jedem Unternehmen bekannt sei oder bekannt sein müsse, das mit grenzüberschreitenden und solchen Zusammenschlüssen konfrontiert werde, bei denen die beteiligten Unternehmen Umsätze in verschiedenen Ländern erwirtschaften. Umso mehr gelte das für jeden mit derartigen Fragen beschäftigten und darauf spezialisierten Rechtsberater. Die Anmeldebedürftigkeit in Österreich sei daher nicht schwer zu erkennen gewesen.

Verbotene Durchführung von Zusammenschlüssen ist schwerer Verstoß

 Zuwiderhandlung gegen das Durchführungsverbot seien in aller Regel als schwerer Verstoß zu beurteilen, weil die Wirksamkeit der Bestimmungen über die Anmeldung von Zusammenschlüssen auch dann untergraben werde, wenn der Zusammenschluss nach wettbewerblichen Kriterien grundsätzlich unbedenklich wäre. Daher könne mit keiner quasi symbolischen Geldbuße ausgekommen werden, sondern müsse diese spürbar sein und zum Ausdruck bringen, dass die Unterlassung von Zusammenschlussanmeldungen in Österreich kein Kavaliersdelikt sei.

Aufgrund der Dauer der Rechtsverletzung (3 Jahre), der hohen Finanzkraft, der Schwere des Verstoßes und dessen fahrlässiger Begehung sowie der Tatsache, dass der Zusammenschluss keine tatsächlichen negativen wettbewerblichen Auswirkungen auf den Markt nach sich zog, wurde die Gelbuße unter Berücksichtigung sowohl general- als auch spezialpräventiver Aspekte auf insgesamt (dh für beide verboten durchgeführten Zusammenschlüsse gemeinsam) EUR 100.000,- festgesetzt.

Zusammenfassend macht der Beschluss deutlich, dass bei einer verbotenen Durchführung eines Zusammenschlusses nicht von einem entschuldbaren Rechtsirrtum auszugehen sein wird. Ebenso ist die verbotene Durchführung von Zusammenschlüssen als schwerer Verstoß zu werten.