Abgabe von Prüfungsverzichten
Was ist ein Prüfungsverzicht?
Die BWB prüft innerhalb von 4 Wochen Unternehmenszusammenschlüsse. Sollte sie dabei vor Ablauf der Frist feststellen, dass der Zusammenschluss zu keinen (wettbewerbsrechlichen) Problemen führen wird, kann sie schon davor einen Prüfungsverzicht abgeben. Das bedeutet, dass sie keinesfalls einen Prüfungsantrag an das Kartellgericht stellen wird und der Zusammmenschluss somit freigegeben ist.
Die rechtliche Grundlage
Die Abgabe von Verzichtserklärungen durch die Bundeswettbewerbsbehörde und Bundeskartellanwalt ist seit dem 1. Juli 2002 ausdrücklich gesetzlich geregelt:
§ 10 (5) WettbG Beabsichtigt die Bundeswettbewerbsbehörde, insbesondere wegen Modifikationen des ursprünglichen Zusammenschlussvorhabens, die dessen nunmehrige Vereinbarkeit mit dem KartG sicherstellen,
a. die Erklärung abzugeben, dass sie einen Antrag nach § 11 KartG 2005 nicht stellen wird, oder
b. einen nach § 11 KartG 2005 gestellten Antrag zurückzuziehen,
so hat die Bundeswettbewerbsbehörde dem Bundeskartellanwalt – und, hat sie eine Empfehlung im Sinne des § 17 abgegeben, der Wettbewerbskommission - Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben".
"§ 82 (1) KartG 2005 Der Bundeskartellanwalt kann mit Beziehung auf die Anmeldung eines Zusammenschlusses gegenüber der Bundeswettbewerbsbehörde mit Wirkung auch gegenüber dem Kartellgericht [auch gegenüber der Bundeswettbewerbsbehörde rechtswirksam] auf die Stellung eines Prüfungsantrages verzichten. Die Bundeswettbewerbsbehörde kann den Bundeskartellanwalt mit Beziehung auf die Anmeldung eines Zusammenschlusses um die schriftliche Erklärung ersuchen, ob er auf die Stellung eines Prüfungsantrags verzichtet. Gibt der Bundeskartellanwalt binnen 14 Tagen ab Zustellung dieses Ersuchens keine Erklärung ab, dann gilt dies als Verzicht auf die Stellung eines Prüfungsantrags.
(2) Abs. 1 gilt auch für beabsichtigte Anmeldungen von Zusammenschlüssen; in einem solchen Fall bindet die Verzichtserklärung den Bundeskartellanwalt nur dann, wenn die beabsichtigte Anmeldung mit der tatsächlich vorgenommenen übereinstimmt und die Verzichtserklärung nicht auf unrichtigen oder unvollständigen Angaben beruht, die von einem der beteiligten Unternehmen zu vertreten sind".
Die Praxis der Bundeswettbewerbsbehörde
Bei der Abgabe von Verzichtserklärungen hat die Bundeswettbewerbsbehörde bislang folgende Politik verfolgt:
- Jedes Zusammenschlussvorhaben wird einer genauen inhaltlichen Prüfung unterzogen. Diese beginnt nach Einlangen des Originals der Anmeldung bei der Behörde und bezieht auch Stellungnahmen betroffener Unternehmen (§ 10 Abs 4 KartG 2005) ein.
- Die Abgabe einer Verzichtserklärung kommt daher erst in Betracht nach:
- Ablauf der für Äußerungen vorgesehen Frist (14 Tage ab Bekanntmachung auf der Website der Bundeswettbewerbsbehörde, zzgl 3 Tage für den Postlauf) UND
- Abschluss der inhaltlichen Prüfung des Vorhabens, die in komplexen Fällen entsprechend mehr Zeit in Anspruch nehmen kann. - Die für das Zusammenschlusskontrollverfahren relevanten Fristen ergeben sich ausnahmslos aus dem Gesetz. Es ist daher Sache der Anmelder, ihre Anmeldung so zeitgerecht einzubringen, dass das Verfahren "rechtzeitig" abgeschlossen werden kann. Die Abgabe einer Verzichtserklärung setzt jedenfalls die glaubhafte Begründung der Dringlichkeit des raschen Verfahrensabschlusses voraus.
- Bundeswettbewerbsbehörde und Bundeskartellanwalt stehen in Zusammenschlusskontrollverfahren entsprechend den Intentionen des Gesetzgebers (vgl § 10 Abs 5 WettbG) in laufendem und engem Kontakt. Für die positive Erledigung einer Anregung auf Abgabe einer Verzichtserklärung kommt auch der Abgabe einer solchen Erklärung durch den Bundeskartellanwalt große Bedeutung zu.
Ergänzend wird festgehalten, dass in der bisherigen Praxis die Frist für die Abgabe einer Empfehlung durch die Wettbewerbskommission (Prüfungsantragsfrist der BWB abzüglich einer Woche; § 17 Abs 1 WettbG) nicht abgewartet wurde, weil andernfalls ein Prüfungsverzicht in aller Regel praktisch bedeutungslos wäre.
Der obige Text hat ausschließlich die Darstellung der bisherigen Praxis der BWB zum Ziel und ist daher weder dazu bestimmt noch dazu geeignet, allfällige Rechte oder Pflichten der Behörde oder Dritter zu begründen, abzuändern oder zu beseitigen. Insbesondere besteht kein Rechtsanspruch auf die Abgabe einer Verzichtserklärung.