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Einsatz forensischer IT Software bei Hausdurchsuchung ist laut Verwaltungsgerichtshof rechtskonform

Die Bundeswettbewerbsbehörde führte im Jahr 2013 in den Geschäftsräumen bei einem großen österreichischen Handelskonzerns Hausdurchsuchungen durch, welche aufgrund des Verdachts der vertikalen und horizontalen Preisabstimmungen vom Kartellgericht angeordnet wurden. Der Handelskonzern legte dagegen Beschwerde ein mit der Begründung die Bundeswettbewerbsbehörde habe unverhältnismäßige Maßnahmen gesetzt, insbesondere durch die Verwendung einer "Spionagesoftware".

 

Der VwGH hat entschieden, dass die von der BWB gesetzten Maßnahmen vom Hausdurchsuchungsbefehl gedeckt waren.

Keine Rechtsschutzlücke

Das Höchstgericht hat nun in ständiger Rechtsprechung festgehalten, dass es angesichts des gerichtlichen Rechtsschutzes gegen die Anordnung der Hausdurchsuchung (nach § 12 WettbG) und der Möglichkeit der Maßnahmenbeschwerde keine Rechtsschutzlücke gibt (vgl. hiezu den hg. Beschluss vom 21. Jänner 2015, Ro 2014/04/0063, mit Verweis auf Rechtsprechung des VfGH und OGH).

Zugriffsprinzip bei IT-Sicherung

Wesentlich bei der Entscheidung ist weiters, dass der VwGH das sogenannte - und schon bisher von der Bundeswettbewerbsbehörde vertretene - Zugriffsprinzip bei der Sicherung von IT-Daten bestätigt hat. In diesem Zusammenhang kommt der Bundeswettbewerbsbehörde die Befugnis zu, geschäftliche Unterlagen, unabhängig davon, in welcher Form diese vorliegen, einzusehen. Davon erfasst sind auch elektronisch gespeicherte Unterlagen. Entscheidend ist, dass diese Unterlagen in den vom Hausdurchsuchungsbefehl erfassten Räumlichkeiten eingesehen werden können. Dabei ist nicht entscheidend, ob derartige elektronische Unterlagen auf der Festplatte eines in den erfassten Räumlichkeiten befindlichen Endgerätes oder auf externen Speicherplätzen (etwa einem zentralen Server) gespeichert sind.

Für diese Auslegung sprechen auch teleologische Überlegungen zum Zweck einer Hausdurchsuchung, wonach es dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden könne, er habe die Durchsuchungsmöglichkeit lediglich auf Datenbestände einschränken wollen, die physisch am Ort der Durchsuchung abgespeichert würden und auf welche der Betroffene selbst vor Ort auch zugreifen könne. Insbesondere durch die Speicherung von Daten auf Servern im Ausland könnte das Eingriffsrecht ansonsten einer gerichtlichen Kontrolle gänzlich entzogen werden. 

Zulässige forensische Software 

Der VwGH hat schließlich auch festgehalten, dass es zulässig ist, zum Zwecke der Sicherstellung von IT-Daten forensische Software einzusetzen. Somit besteht für den Einsatz forensischer Software eine gesetzliche Grundlage. In den Hausdurchsuchungsbefehlen wurde ausdrücklich und nicht weiter eingeschränkt die Sicherstellung (auch) von elektronischen Kopien angeordnet. Damit ist grundsätzlich im Zusammenhang mit § 12 Abs. 4 WettbG davon auszugehen, dass der Einsatz von forensischer Software durch den gerichtlichen Hausdurchsuchungsbefehl gedeckt ist. Wie schon zuvor das Bundesverwaltungsgericht hat nun auch das Höchstgericht keinerlei Hinweise auf den Einsatz einer verbotenen Spionagesoftware feststellen können.