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Zusammenschluss von MFE MEDIAFOREUROPE N.V. und ProSiebenSat.1 Media SE mit Auflagen freigegeben

Am 21.11.2023 wurde der Medienzusammenschluss MFE MEDIAFOREUROPE N.V. (MFE); ProSiebenSat.1 Media SE (P7S1) bei der BWB angemeldet. MFE beabsichtigte ihre bestehende Beteiligung an P7S1 bis zur nächsten planmäßigen Jahreshauptversammlung von P7S1 auszubauen und damit die faktische alleinige Kontrolle über P7S1 zu übernehmen. MFE MEDIAFOREUROPE N.V hat zur Wahrung der Medienvielfalt mehreren Verpflichtungszusagen zugestimmt.

Zum Verfahrensablauf

Der Zusammenschluss wurde bereits Ende 2022 einmal angemeldet. Diese Anmeldung wurde nach Erhebung eines Prüfantrags durch die BWB und Einleitung einer vertiefenden Prüfung durch das Kartellgericht, von den Anmeldern wieder zurückgezogen (siehe Pressemitteilung vom 10.01.2023). Der Bundeskartellanwalt stellte damals ebenfalls einen Prüfantrag.

Das Vorhaben musste auch bei der Europäischen Kommission angemeldet werden. Diese hatte den Zusammenschluss im September 2023 freigegeben, da sie keine wettbewerbsrechtlichen Bedenken hatte.

Die BWB prüfte ausschließlich die Auswirkungen auf die Medienvielfalt des Zusammenschlusses in Österreich und beantragte nach der zweiten Zusammenschlussanmeldung erneut eine vertiefte Prüfung durch das Kartellgericht da nicht auszuschließen war, dass die Medienvielfalt beeinträchtigt wird. Die KommAustria brachte ebenfalls eine kritische Stellungnahme ein.

Die BWB sah insbesondere folgende Probleme für die Medienvielfalt:

  • Stärkerer Druck zur Kostensenkung und damit ggf. Reduktion von lokalen Nachrichten und Inhalten. Dies könnte die nationale Medienvielfalt beeinträchtigen und damit auch zu einer geringeren Nachfrage nationaler Medienproduktionen führen.
  • Eine stärkere Ausrichtung an Konzernunternehmen kann zur Benachteiligung von kleineren Ländern wie bspw. Österreich bei der Vermarktung von nationalen Werbeinventar und damit eine Abschwächung der finanziellen und redaktionellen Unabhängigkeit der P7S1-Österreich-Gruppe führen.

Der BKAnw argumentierte darüber hinaus, dass die Medienvielfalt durch den Wechsel der Eigentümerstruktur beeinträchtigt werden könnte. Während gegenwärtig P7S1 eine börsennotierte Aktiengesellschaft ist, an der kein Aktionär die Kontrolle ausüben könne und daher widersprechende Interessen eine inhaltliche Einflussnahme verhindern würden, könnte sich bei einer familienkontrollierten Aktiengesellschaft die Überzeugung der Eigentümer in der Berichterstattung und Inhaltsauswahl niederschlagen.

Maßnahmen zur Stärkung der Medienvielfalt - Vereinbarte Verpflichtungszusagen

Nachdem zwischen den Amtsparteien, der KommAustria und MFE ein abschließender Konsens über die Ausgestaltung von Verpflichtungszusagen erzielt wurde, hat MFE diese gegenüber der Bundeswettbewerbsbehörde und dem Bundeskartellanwalt abgegeben. Die Verpflichtungszusagen tragen den Bedenken an einer möglichen Beeinträchtigung der Medienvielfalt Rechnung, weshalb die Prüfanträge vor dem Kartellgericht zurückgezogen wurden.

Die Medienvielfalt ist ein hohes Gut in der Demokratie und jede mögliche Einschränkung wird von der BWB genau geprüft. Die Fusion wurde 2022 erstmals angemeldet und nach der durch die BWB erfolgte Einleitung des kartellgerichtlichen Verfahrens zurückgezogen. Dieses Jahr ging es dann erneut im Dezember in eine vertiefte Prüfung vor das Kartellgericht. Mit den jetzt durch die Anmelder letztlich zugesagten Auflagen zur Sicherung der Medienvielfalt, kann dieses Verfahren abgeschlossen werden“, so Natalie Harsdorf-Borsch, Generaldirektorin der BWB.

Zur Wahrung der Medienvielfalt wurden folgende Verpflichtungszusagen von MFE abgegeben:

  • MFE bekennt sich zur Ausrichtung der P7S1-Österreich-Gruppe mit ihrem Schwerpunkt auf lokale Inhalte, der Produktion der lokalen Inhalte und des Erhalts eines relevanten Anteils an Nachrichten. Es soll zu keiner Reduktion dieser Inhalte kommen.
  • MFE sichert die Wahrung der Unabhängigkeit der Geschäftsführung und Chefredaktion der P7S1-Österreich-Gruppe zu.
  • MFE bekennt sich zu den bestehenden Redaktionsstatuten und Leitlinien für die redaktionellen Tätigkeiten der P7S1-Österreich-Gruppe.
  • Die Unabhängigkeit der P7S1-Österreich-Gruppe soll auch durch ein eigenes Budget dieser Gesellschaften und die Zuordnung der Erlöse aus der Vermarktung des österreichischen Werbeinventars an diese Gruppe gewahrt werden.
  • Die Vermarktung des Werbeinventars soll eigenständig durch die P7S1-Österreich-Gruppe erfolgen.
  • In Bezug auf die audiovisuellen Angebote der P7S1-Österreich-Gruppe soll keine „Bündelung“ mit anderen Angeboten der MFE gegenüber Programm-Aggregatoren erfolgen.
  • Die P7S1-Österreich-Gruppe soll bei den Leistungsbeziehungen innerhalb des Konzerns nicht benachteiligt werden.
  • Sitz und Verwaltung der Gesellschaften der P7S1-Österreich-Gruppe verbleiben in Österreich.

MFE wird jährlich über ihre Einflussmöglichkeiten bei P7S1, die Besetzung der Geschäftsführung und Chefredaktion, die Werbeerlöse, die Änderung der Redaktionsstatuten und den Anteil an Nachrichten und lokalen Produktionen an die BWB und den BKAnw berichten.

Die Auflagen sind auf unbestimmte Zeit vereinbart, wobei die Parteien potentielle Änderungen der Marktbedingungen und wirtschaftlichen Lage des Zielunternehmens durch die Aufnahme einer Umstandsklausel berücksichtigt haben.

Die Unternehmen

MFE betreibt über Tochtergesellschaften Free-TV und Pay-TV-Sender sowie Radiosender in italienischer und spanischer Sprache. MFE ist darüber hinaus im audiovisuellen Sektor tätig. Unter anderem werden Werbeflächen in verschiedenen Medien vertrieben.

Das Zielunternehmen P7S1 ist über ihre 100%-ige deutsche Tochter Seven.One Entertainment Group GmbH (Seven.One) Alleingesellschafterin der ProSiebenSat.1Puls4 GmbH, bei der die österreichischen Medienaktivitäten der P7S1-Gruppe konzentriert sind, und Mitgesellschafterin der SAT.1 Privatrundfunk und Programmgesellschaft mbH. Konkret geht es um die österreichischen Vollprogramme PULS 4, PULS 24, ATV und ATV 2, sowie die Österreich-Programm- und Werbefenster von ProSieben, kabel eins, SAT 1, Sixx, ProSieben MAXX, Sat.1 Gold und kabel Eins Doku, sowie den Abrufdienst joyn.at.

Verpflichtungszusagen Z-6429 MFE MEDIAFOREUROPE N.V. und ProSiebenSat.1 Media SE

Fallbericht Z 6429 MFE MEDIAFOREUROPE N.V. und ProSiebenSat.1 Media SE