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Leitlinien für Unternehmen zu Nachhaltigkeitskooperationen: Konsultation bis 22.06.2022

Mit dem "European Green Deal" hat die Europäische Kommission ein ambitioniertes Programm zur Transformation der europäischen Wirtschaft und Gesellschaft vorgelegt, welches die Erreichung der Klima- und Nachhaltigkeitsziele der Union absichern soll.

Ein nachhaltiger und wettbewerbsfähiger Wirtschaftsstandort ist ein deklariertes Ziel im aktuellen Regierungsprogramm. Um dieses Ziel zu erreichen, ist es wichtig, dass Nachhaltigkeit eine zentrale Stellung innerhalb der Unternehmen einnimmt. Vor diesem Hintergrund ist es besonders positiv, dass das Kartellrecht nun Nachhaltigkeitskooperationen ermöglicht. Die Leitlinien der Bundeswettbewerbsbehörde bilden für Unternehmen, die solche Kooperationen umsetzen möchten, eine hilfreiche Stütze“, so Bundesminister Martin Kocher.

Die Beachtung der Regeln des Wettbewerbsrechts im Allgemeinen stehen einer nachhaltigen und klimaneutralen Wirtschaft nicht im Wege, sondern freier Wettbewerb ist vielmehr gerade ein Motor der Veränderung und Innovation.

In § 2 Abs 1 KartG, welcher die Freistellung ansonsten wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen regelt hat der österreichische Gesetzgeber im Zuge des KaWeRÄG 2021 für "Nachhaltigkeitskooperationen" eine Sonderregel eingefügt. Danach wird bei wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarungen, die aber gleichzeitig zur Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung oder der Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts beitragen, eine angemessene Beteiligung der Verbraucher vermutet, sofern der entstehende Gewinn wesentlich zu einer ökologisch nachhaltigen oder klimaneutralen Wirtschaft beiträgt.

Nachhaltigkeitseffekte treten mitunter nicht spezifisch bei den von der Wettbewerbsbeschränkung betroffenen Verbrauchergruppen auf, sondern kommen vielmehr der Allgemeinheit zu Gute bzw erst zeitversetzt und konnten somit nach den bisherigen Freistellungsvoraussetzungen nicht oder nur beschränkt berücksichtigt werden.

Der vorliegende Entwurf für Leitlinien soll den Unternehmen eine Hilfestellung bieten, wie die BWB diese neue Bestimmung auslegt und anzuwenden beabsichtigt.

Das Hauptaugenmerk der Leitlinien liegt dabei auf folgenden Aspekten:

  • Erläuterung des Anwendungsbereiches der "Nachhaltigkeitsausnahme" durch Abgrenzung
    • von Effizienzen, die zu einer ökologisch nachhaltigen oder klimaneutralen Wirtschaft beitragen von herkömmlichen wirtschaftlichen Effizienzen
    • zum Unionsrecht anhand des Kriteriums der Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels unter Wahrung der Kohärenz zum Unionsrecht
    • zu kartellrechtsneutralen Kooperationen sowie zur allgemeinen Rechtfertigung über wirtschaftliche Effizienzen
  • Beschreibung des Erfordernisses der Wesentlichkeit des Beitrags, um „Greenwashing“ zu vermeiden
  • Beschreibung des Erfordernisses der Unerlässlichkeit der Kooperation zur Zielerreichung und in diesem Kontext Aufzeigen wettbewerbsfreundlicher Kooperationsformen
  • Hinweise zum Nachweis und zu den Methoden der Quantifizierung von Nachhaltigkeitseffekten
  • Empfehlungen zum praktischen Vorgehen bei der Evaluierung von Vereinbarungen im Wege der Selbstbeurteilung sowie Möglichkeiten zur Konsultation der BWB im Rahmen von § 2 Abs 5 WettbG

Die aktuellen Leitlinien zur Anwendung der neuen Bestimmung auf Nachhaltigkeitskooperationen sollen eine wirklich praktikable Handreichung an die Wirtschaft darstellen. Daher möchten wir eine öffentliche Konsultation machen und freuen uns über Anwendungsfragen und -beispiele aus der Praxis der Unternehmen“, so die interimistische Generaldirektorin der BWB Natalie Harsdorf-Borsch.

Der vorliegende Entwurf wird im Zuge dieser Konsultation einerseits den involvierten Institutionen und beteiligten Verkehrskreisen direkt zur Stellungnahme übermittelt und steht andererseits auch allen Interessierten zum Download zur Verfügung.

Es besteht die Möglichkeit, bis zum 22.06.2022, Feedback zum Leitfaden über das Postfach wettbewerb[at]bwb.gv.at an die BWB zu richten.

Die BWB lädt explizit dazu ein in diesem Zusammenhang Beispiele für mögliche praktische Anwendungsfälle einzumelden, welche gegebenenfalls in die Praxisbeispiele einfließen können.