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Digitalisierung & Wettbewerb: BWB prüft Übernahme von GIPHY durch Facebook - Zusammenschluss wurde bei der BWB nicht angemeldet

Die BWB untersucht, ob der Zusammenschluss von Facebook und GIPHY nach der Transaktionswertschwelle in Österreich hätte angemeldet werden müssen.

Hintergrund

Die US-ansässige Gesellschaft Facebook betreibt über ihre gleichnamige Webseite und Smartphone-Anwendungen (sogenannte „Apps“) Dienste für die soziale Vernetzung, Kommunikationsdienste für Endnutzerinnen und -nutzer sowie Online-Werbedienste. Zur Facebook-Gruppe gehört seit 2012 auch die online Plattform Instagram sowie seit 2014 der Messenger-Dienst WhatsApp. Facebooks Dienste sind für nicht-kommerzielle Nutzerinnen und Nutzer entgeltfrei. Die Monetarisierung erfolgt hauptsächlich durch (personifizierte) Werbung. 

Das US-Unternehmen GIPHY ist eine digitale Plattform, die eine Bibliothek und Suchmaschine insbesondere für GIFs und Sticker betreibt. Bei GIFs handelt es sich um ein Grafikformat, mit welchem Animationen und kurze Videosequenzen erstellt werden können. GIFs werden hauptsächlich für die visuelle Kommunikation verwendet. Der Versand und Empfang von GIFs erfolgt nicht über die Apps oder Webseite von GIPHY, sondern ausschließlich über Dienste von Drittanbietern, wie z.B. Signal, WhatsApp oder Facebook Messenger.

Im Mai 2020 erfolgte die Übernahme von GIPHY durch Facebook. Der Zusammenschluss wurde bei der BWB nicht angemeldet.

Bei Überschreitung der Transaktionswertschwelle besteht Anmeldepflicht des Zusammenschlusses

Im Jahr 2018 wurden die Schwellenwerte für die Zusammenschlusskontrolle in Österreich (sowie in Deutschland) um eine kaufpreisbezogene Schwelle ergänzt. Bis dahin waren in beiden Ländern Zusammenschlüsse nur dann anzumelden, wenn die beteiligten Unternehmen bestimmte Mindestumsätze erzielten.

Nach der neuen Schwelle sind auch solche Zusammenschlüsse anzumelden, deren wirtschaftliche bzw. wettbewerbliche Bedeutung sich vor allem im hohen Transaktionswert zeigt (in Deutschland mehr als 400 Millionen Euro – in Österreich mehr als 200 Millionen Euro). Zudem muss das Zielunternehmen nach dem Gesetzeswortlaut „in erheblichem Umfang im Inland tätig“ sein. 

Ein hoher Kaufpreis bei Unternehmenserwerben ist häufig ein Zeichen für innovative Geschäftsideen und hohes wettbewerbliches Marktpotenzial. Die Transaktionswertschwelle soll eine Lücke im System der Zusammenschlusskontrolle schließen. Dadurch sollen vor allem Zusammenschlüsse in der digitalen Wirtschaft, bei denen das Zielunternehmen keine bzw. nur geringe Umsätze erzielt, erfasst werden.

Ermittlungen der BWB

Im Juni 2020 kontaktierte die BWB Facebook mit Hinweis auf die Transaktionswertschwelle in Österreich. Anschließend stellte die BWB mehrere Ersuchen um Vorlage von Informationen und internen Dokumenten an Facebook. Facebook hat der BWB umfangreiche Unterlagen zur Verfügung gestellt und Waiver of Confidentiality zum Austausch mit anderen Behörden erteilt. Die Prüfung der BWB konzentriert sich auf die Frage der Inlandstätigkeit von GIPHY, welche eine Voraussetzung der Transaktionswertschwelle ist (vgl. § 9 Abs 4 Z 4 KartG). Ausschlaggebend für die Prüfung der Inlandstätigkeit von GIPHY ist vor allem die Nutzung der Dienste von GIPHY in Österreich.

Im März 2021 übermittelte die BWB die „Mitteilung der Beschwerdepunkte“ an Facebook. Dabei handelt es sich um einen förmlichen Schritt der BWB, mit welchem die betroffenen Unternehmen schriftlich über die gegen sie vorliegenden Beschwerdepunkte in Kenntnis gesetzt werden. In diesem Zusammenhang finden derzeit weitere Gespräche statt.

Kooperation mit der RTR

Im Bereich Monitoring von digitalen Plattformen arbeiten BWB und der Fachbereich „Telekommunikation und Post der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR)“ eng zusammen. Ziel des wettbewerblichen Monitorings ist es, die genutzten digitalen Kommunikationsplattformen sowie Plattformen, die großen Einfluss auf die Nutzung des Internets haben, zu erfassen sowie einer wettbewerblichen Beurteilung zu unterziehen. Im Rahmen der Prüfung der mutmaßlich verbotenen Durchführung zwischen Facebook und GIPHY stehen die BWB und RTR in engem Austausch. Die RTR hat in diesem Zusammenhang auf Ansuchen der BWB ein Gutachten zur wirtschaftlichen Bedeutung der mittelbaren Nutzung von GIPHY erstattet.

Kooperation mit anderen Wettbewerbsbehörden

Die BWB arbeitet zudem eng mit anderen Wettbewerbsbehörden, insbesondere der britischen Wettbewerbsbehörde CMA (Competition and Markets Authority) zusammen. Am 25.03.2021 veröffentlichte die CMA auf ihrer Webseite, dass der Erwerb von GIPHY durch Facebook wettbewerbliche Bedenken aufwirft. Für weitere Details siehe: News Meldung der CMA

Geldbußen

Nach Abschluss der Ermittlungen kann es durch Antrag der BWB zu einem Verfahren vor dem Kartellgericht kommen. Bei einem festgestellten Verstoß gegen das Durchführungsverbot kann das Kartellgericht Geldbußen in Höhe von bis zu 10% des Gesamtumsatzes im vorausgegangenen Geschäftsjahr verhängen. Die Geldbußen werden unter Berücksichtigung der besonderen Schwere der Zuwiderhandlung, ihrer Durchführung und Dauer sowie des Verschuldensgrades bemessen.