26 Kt 53/03 Ernst Klett AG

Empfehlung der Wettbewerbskommission vom 18. März 2003

 Die Kommission empfiehlt der Bundeswettbewerbsbehörde die Stellung eines Prüfungsantrages und eines Verbesserungsantrages. Im wesentlich mit folgenden Begründungen:

  1. Die Marktanteilsangaben der Parteien in der Anmeldung lassen eine Lücke von 30 % des Marktes offen, sodass die Marktposition der beteiligten Unternehmen im Bereich Schulbücher unklar bleiben.
  2. Der Zusammenschluss findet in einem Bereich statt, der durch das beim Kartellgericht eingetragene Schulbuchkartell hochgradig eingeschränkt ist. Hier wären die rechtlichen Wirkungen des vorliegenden Zusammenschlusses auf das genannte Kartell zu überprüfen.
  3. Inhalt des Verbesserungsauftrages sollte sein:
    a. Klärung der Marktverhältnisse durch Ergänzung der fehlenden 30 % Marktanteil auf dem Markt für Schulbücher.
    b. Aufklärung der Diskrepanz in den Marktanteilsangaben zwischen den Angaben im Jahr 1998 (Gründung des Gemeinschaftsunternehmens), wo von einen Marktanteil von über 32 % ausgegangen wird und den derzeitigen Marktanteilsangaben, die deutlich niedriger liegen. 
    c. Klärung des rechtlichen Schicksals des Vorkaufsrechtes von Gustav Klöcker.
    d. Vorhandensein von vertraglichen Vereinbarungen in Bezug auf die Weiterführung der Publikumsverlage (Residenz, Deuter, Brandstätter) und deren bestehende Autorenrechte.

Der Antrag erfolgt einstimmig.

Stellungnahme der Bundeswettbewerbsbehörde

Zu

1. Die Bundeswettbewerbsbehörde hat zur Klärung der Marktverhältnisse am Schulbuch und anderer betroffener Märkte Erhebungen durchgeführt. In längerfristigem Zeitraum betrachtet, beträgt der Marktanteil des ÖBV zwischen 25% und 33%. Insgesamt sind nach Auskunft des BSG etwa 100 Verlage auf diesem Markt tätig. Etwa 20 Verlage haben Marktanteile zwischen 1 und 7%. Der Rest der Marktteilnehmer tätigt nur geringe Umsätze.

2. Die Genehmigung des Schulbuchkartells wurde erst kürzlich verlängert. Im gerichtlichen Genehmigungsbeschluss wird - auf Anregung der Bundeswettbewerbsbehörde - eine grundsätzliche Überprüfung desselben angekündigt. Das Schulbuchkartell stammt aus einer Zeit, in der die Marktteilnehmer kleine österreichische Verlage waren. Die wichtigsten Marktteilnehmer am Schulbuchmarkt sind heute hingegen alle Tochtergesellschaften großer ausländischer Verlage.

3. 1. Vgl zu Pkt. 1.

2. Die Marktanteile differieren jährlich, weil sie von den Bestellungen der Schulen abhängig sind. Die Bundeswettbewerbsbehörde geht bei ihrer Beurteilung vom Bestehen einer marktbeherrschenden Stellung des ÖBV aus, auch wenn die Marktbeherrschungsvermutung nach § 34 KartG im Jahr 2002 nicht erreicht wurde.

3. Das Vorkaufsrecht scheint kein relevantes Kriterium für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung zu sein.

4. Weder der Österreichische Bundesverlag noch die Klettgruppe verfügen über eine marktbeherrschende Stellung in den Sachgebieten (Belletristik, Kunst- und Bildband) der Verlage Residenz, Deuticke und Brandstätter. Auflagen zur Sicherung etwaiger Weiterführungsrechte dieser Verlage scheinen daher nicht plausibel.

5. Auf dem Schulbuchmarkt kommt es lediglich zu einer geringfügigen Marktanteilsaddition (1,1%) infolge des Zusammenschlusses, da die Klett-Gruppe nur in diesem Ausmaß dort Umsätze tätigt. Von einer Beeinträchtigung der Medienvielfalt iSv § 35 Abs 2a KartG ist nicht auszugehen, da auf dem Schulbuchmarkt, wie oben zu Pkt. 1. dargelegt, zahlreiche unabhängige Akteure agieren.

Die Bundeswettbewerbsbehörde hat im Rahmen ihrer Erhebungen mit Wettbewerbern (Geschäftsführer großer und kleiner Verlage) und Experten gesprochen. Aufgrund deren Aussagen sind folgende Wirkungen des Zusammenschlusses festzustellen:

  • Verstärkung des Wettbewerbs zwischen den "großen", am österreichischen Markt tätigen Verlagen.
  • Innovation durch neue Produkte im Bildungs- und Schulbereich.
  • Keine unmittelbare Gefahr für kleine Verlage.

Negative Auswirkungen des Zusammenschlusses wurden in keinem einzigen Fall moniert. Die Bundeswettbewerbsbehörde sieht daher von der Erhebung eines Prüfungsantrages ab.