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8. Competition Talk der BWB "Die Rolle von Gutachern in kartellrechtlichen Verfahren"

Beim achten und für 2013 letzten Competition Talk der BWB diskutierten Prof. DDr. Doris Hildebrand (EE & MC), Dr. Michael Böheim (WIFO) und Mag. Nikolaus Schaller (Kartellgericht) unter der Leitung von MMag. Agnes Streissler-Führer intensiv zu diesem Thema.

Hildebrand zur ökonomischen Prüfung in sämtlichen Instanzen

Prof. Doris Hildebrand betonte gleich anfangs, dass es wesentlich im kartellrechtlichen Verfahren sei, dass nicht nur die erste Instanz sondern auch vielmehr die jeweiligen Berufungsinstanzen ökonomisches Verständnis hätten und auch nicht nur Rechtfragen überprüfen sondern auch inhaltlich die Entscheidung der Vorinstanz aufgreifen und auch gegebenenfalls Gutachten in Frage stellen können. Beim European Court of Justice sei man ebenso Anhänger dieses Ansatzes "Full Review", wie bei Kartellgericht in Deutschland (OLG Düsseldorf), wo man die gesamte Entscheidung des Bundeskartellamtes samt ökonomischen Gutachten kritisch evaluiere.

Böheim zur Gutachterbestellung und Kostenreduktion

Dr. Michael Böheim skizzierte mehrere Problemfelder zum Thema beginnend bei der Frage des Gutachters. Hier sei zu hinterfragen, ob das Auswahlverfahren tatsächlich objektiv sei, oder ob nicht vielmehr ein "Request of Services", also eine Ausschreibung für die Bereitschaftserklärung von Gutachtern für fünf Jahre etwaige Gerichtsaufträge anzunehmen, nicht eventuell die bessere Lösung sei. Zu diskutieren sei weiters der definierte Gutachtensumfang und die damit einhergehenden enormen Kosten, die letztlich von den Parteien, sprich den Unternehmen, zu tragen seien. Für kleine Unternehmen eine durchwegs existenzbedrohende Herausforderung. Das "Request of Services" könne auch hier preisdämpfend wirken.

Schaller über die Qualitätsanforderungen eines Gutachtens

Mag Schaller zog zunächst Parallelen zwischen den Gutachten im kartellgerichtlichen und zivilrechtlichen Verfahren und erkannte den geringen Unterschied in der Auflistung der potenziellen Gutachter im KartG. Für ihn wesentlich sei jedenfalls die Qualität der Gutachten (Bekenntnis zu den europäischen Leitlinien), die eine klare Trennung von Befund und eigentlichem Gutachten (der Schlussfolgerung) aufzuweisen hätte. Zumindest beim Befund müsste Einigkeit unter Gutachtern vorherrschen, wenn schon daraus unterschiedliche Schlussfolgerungen gezogen werden könnten.

Viele offene Themen - viele unterschiedliche Diskussionsbeiträge

In der weiteren Diskussion wurden unterschiedliche Problemfelder erörtert: von Bestellungsverfahren von Gutachtern, über die "Black Box" bei den Gutachtensmethoden selbst, die Verständlichkeit von Gutachten, die Möglichkeit von Zwischengutachten, die Rolle und die Möglichkeit der Einflussnahme seitens der Parteien auf den Gutachter, den Zeitdruck bei Zusammenschlussverfahren und der Verlagerung der erstinstanzlichen Entscheidung zur BWB und letztlich über die Rolle von Gutachtern, die sich zwischen tatsächlichem und dauerhaften Verfahrensbetreuer und der Expertise zu Spezialfragen bewegen kann.

Seitens der BWB wurde abschließend festgehalten, dass eine Evaluierung der bisherigen Gutachten ins Auge gefasst werde, um hier etwaige Standards entwickeln zu können und außerdem die Frage von Amtssachverständigen innerhalb der BWB zu klären sei.