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5. Competition Talk der BWB "Das neue Kronzeugenhandbuch"

Am 30.4.2013 von 12 bis 14 Uhr fand der fünfte Competition Talk der BWB statt. Thema der Veranstaltung: "Das neue Kronzeugenhandbuch".

Das neue Kronzeugenhandbuch

Das Inkrafttreten des Kartell- und Wettbewerbsrechts-Änderungsgesetzes 2012 hat neben einigen anderen Änderungen in den genannten Gesetzen auch eine solche der Bestimmungen über das Kronzeugenprogramm der BWB gebracht. Insbesondere wurden - in Angleichung an internationale Standards - für den völligen Erlass der Geldbuße verschiedene Beweiserfordernisse vorgesehen.

In Vorbereitung des neuen unter anderem deswegen überarbeiteten Handbuches hat die Bundeswettbewerbsbehörde einen Meinungsaustausch mit RechtsanwältInnen, die über praktische Erfahrungen mit dem Kronzeugenprogramm verfügen, durchgeführt und Mitte März das neue Handbuch publiziert.

Es diskutierten Dr. Anita Lukaschek (BWB) und Dr. Günter Bauer, LL.M. (Wolf Theiss).

35 Kronzeugenfälle seit Bestehen der Regelung

Dr. Lukaschek gab einen Überblick über die vergangenen 35 Kronzeugenfälle in den Jahren 2006-2012, wobei in den meisten Fällen nur ein Kronzeugenantrag gestellt wurde. In Ausnahmefällen meldeten sich auch Zweit- oder Drittantragssteller bei der Behörde. Sechs dieser Fälle sind bereits mit einem kartellgerichtlichen Verfahren abgeschlossen, fünf bei Kartellgericht anhängig und in vier Fällen wird momentan in der BWB ermittelt. Zur Neuerung des Handbuchs führte Lukaschek die Angleichung an den europäischen Standard an. So wurden Mindeststandards zur Gewährung eines Antrages eingeführt und die Anforderungen dadurch verschärft. Für Unternehmen sei aber nun klar, welche Informationen zwingend vorliegen müssen, damit ein Kronzeugenantrag gestellt werden könne. Rechtssicherheit ist somit gegeben.

Positive Neuerungen: Marker-System und vereinfachtes Einbringen

Auch Dr. Bauer konzentrierte sich zunächst auf historische Verfahren in Europa. In diesem Zusammenhang ging er zunächst auf die Frage der zuständigen Behörde ein und begrüßte das neu eingeführte Marker-System sowie die Möglichkeit eine Zusammenfassung des Falls auch in englischer Sprache bei der Bundeswettbewerbsbehörde einbringen zu können. Er hob aber auch die Problematik hinsichtlich der Informationssuche in Unternehmen hervor, wobei hier nicht nur die einzelnen Mitarbeiter (persönliche Konsequenzen wie Strafverfolgung) sondern auch die Unternehmensphilosophien von Mutter-, Tochter- und Schwesterunternehmen eine Rolle spielen. Wesentliche Voraussetzung für das Stellen eines Kronzeugenantrages sei aber jedenfalls die Wahrung von Geschäfts- und Amtsgeheimnissen der Behörden.

 Offene Fragen - klare Antworten

In der darauf folgenden Diskussion wurden einige Fragen aufgeworfen, die zum Teil sehr unterschiedliche Standpunkte im Publikum offen legten.

Angesprochen wurde die Thematik

  • des Arbeitsnehmerschutzes und inwiefern Kündigungen in Folge von Absprachen sinnvoll und möglich seien,
  • die Beweiskraft eines Kronzeugenantrages und ob dieser zwangsläufig dem Kartellgericht vorgelegt werden müsse. Dies wurde seitens der BWB verneint.
  • der Akteneinsicht bzw. der Amtshilfe und inwiefern ein automatischer Informationsaustausch mit der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft vorgesehen sein. Hier wurde auf eine fallspezifische Vorgehensweise im Sinne der Amtshilfe verwiesen,
  • des Zeitpunktes, in dem ein Kronzeugenantrag gestellt werden könne, wobei der Mehrwert für die Behörde durch den Kronzeugenantrag eine bedeutende Rolle spiele,
  • der Settlement-Bestimmungen: ob und inwiefern diese einen Widerspruch zu Kronzeugenanträgen darstellen. Die Anregung ein diesbezügliches Handbuch zu erstellen, wäre jedenfalls an das KG zu richten, das die entsprechenden Milderungsgründe zu berücksichtigen hätte.