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37. Competition Talk der BWB zum Thema „Gemeinsamer Leitfaden zur neuen Transaktionswert-Schwelle in Deutschland und Österreich“

Am 9.7.2018 fand der bereits 37. Competition Talk der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) in den Räumlichkeiten des Hotel Stefanie statt. Diesmal stand das Thema "Gemeinsamer Leitfaden zur neuen Transaktionswert-Schwelle in Deutschland und Österreich" im Fokus der Veranstaltung.

Als Vortragende referierten Vizepräsident Prof. Dr. Konrad Ost (Bundeskartellamt) sowie GD Dr. Theodor Thanner (Generaldirektor der BWB). Dr. Natalie Harsdorf, LL.M. (stv. Leiterin der Geschäftsstelle und Leiterin der Abteilung Recht der BWB) moderierte die Veranstaltung. Die Vorträge wurden auf Video aufgezeichnet und stehen über unten angegebenen Link zum Abruf bereit.

Eröffnung Dr. Natalie Harsdorf

Dr. Harsdorf, begrüßte die Speaker und Gäste des 37. Competition Talk und führte aus, dass der gegenständliche Leitfaden sie und das Team der BWB die letzten Wochen und Monate intensiv beschäftigte. Auch wurde Frau Abteilungsleiterin Birgit Krueger (Bundeskartellamt) herzlich begrüßt, welche beim Leitfaden quasi das Pendant zu Dr. Harsdorf auf deutscher Seite darstellte. Die Kooperation zwischen der deutschen und österreichischen Behörde funktionierte hervorragend, es fand eine fact finding mission mit der FTC statt, es gab unzählige Telefonate und Meetings sowie einen regen Austausch mit Rechtsanwälten und Unternehmensvertretern, welche Beiträge und Themen im Rahmen der Konsultation offen an beide Behörden herangetragen haben, so Dr. Harsdorf abschließend.

Einleitung GD Dr. Theodor Thanner

GD Dr. Thanner bedankte sich bei Dr. Harsdorf für die Eröffnungsworte. Das heutige Thema „Gemeinsamer Leitfaden zur neuen Transaktionswert-Schwelle in Deutschland und Österreich“ ist ein Thema für Experten, so Dr. Thanner. In seinen Ausführungen gab er einen Überblick über die Eckpunkte des Leitfadens. So wurden im Vortrag die Geschichte, die Inhalte sowie die österreichischen Besonderheiten dargelegt. Es gab in Deutschland und Österreich zeitgleich Initiativen. Mit dem nun vorliegenden Leitfaden wurde ein großer Schritt nach vorne gemacht, sodass dieser ein Vorbild ist für andere Gesetzgebungsbereiche darstellt, so GD Dr. Thanner.

Vor allem der digitale Sektor spielt hier sehr stark herein, aber etwa auch der Gesundheitssektor, wenn man sich einige Fusionen im Pharmabereich ansieht. Die BWB hat sich entschlossen zwei neue Wege zu beschreiten. Wie es einen Leitfaden, Standpunkte und Guidances zu Hausdurchsuchungen, Settlements und Kronzeugen gibt, so sollte – in guter Tradition der BWB – auch hier beim Thema Transaktionswert-Schwelle ein Leitfaden entstehen.

Auf der einen Seite handelt es sich beim Leitfaden um Softlaw, jedoch ist es auch wichtig klar zu sagen, wie die Linie der BWB ist, wie wir handeln, damit es planbar für Rechtsvertreter und Unternehmen wird. „Die Tätigkeit einer Behörde soll vorhersehbar sein, dies ist mir ein großes Anliegen, in diesem Sinne darf ich Natalie Harsdorf und dem ganzen Team Danke sagen für diese tolle Arbeit“, so Dr. Thanner.

Die zweite Neuigkeit war, dass versucht wurde gemeinsam mit den Kollegen des deutschen Bundeskartellamtes einen gemeinsamen Leitfaden vorzustellen. Das Produkt ist sehr gut gelungen, daher gilt auch ein großer Dank an Präsident Andreas Mundt, Vizepräsident Konrad Ost sowie Abteilungsleiterin Birgit Krueger.

Der Leitfaden wurde in öffentliche Konsultation gegeben, welche ebenfalls ein wichtiges Element der Transparenz darstellt. Hier kamen Vorschläge und Gedanken von der Studienvereinigung Kartellrecht, IBA, Vereinigungen und Anwaltskanzleien und kam ein großer Wissensfundus, den wir auch benutzt haben. In einigen Bereichen wurden bei einigen Punkten den Vorschlägen auch gefolgt, so Dr. Thanner.

Dieser Leitfaden soll auch eine Initialzündung für weitere Kooperationen mit dem deutschen Bundeskartellamt sowie anderen Behörden und Institutionen sein.

Die neue Bestimmung der Transaktionswert-Schwelle ist in Österreich mit 1. November 2017 und in Deutschland, etwas früher, mit 9. Juni 2017 in Kraft getreten. Es gab schon im Wettbewerbsrechtsänderungsgesetz 2016 einen Vorschlag zur Änderung, jedoch war man der Meinung, dass dies unsystematisch wäre und nicht ins WettbG sondern im KartG geregelt werden sollte. Diese ist nun im § 9 Abs 4 KartG vorzufinden.

Die neue Regelung war notwendig um, neben den umsatzbasierten Schwellenwerten, eine lückenschließende Erweiterung um eine Transaktionswert basierte Anmeldeschwelle zu schaffen. Ziel des Gesetzgebers war es, Unternehmenszusammenschlüsse zu erfassen, denen eine hohe wettbewerbliche Bedeutung zukommt, auch wenn die herkömmlichen Umsatzschwellen nicht erfüllt sind.

In diesem Zusammenhang kann besonders auf zwei Fusionen hingewiesen werden. Auf der einen Seite Facebook / WhatsApp mit einem Volumen von 17,8 Milliarden Euro im Jahr 2014, die mehr oder weniger ohne große Probleme durch alle Fusionskontrollregime durchgegangen ist.  Auf der anderen Seite ein Beispiel aus Österreich, die Fitness-App Runtastic, die mit einem Erwerb um 220 Millionen Euro durch Adidas erfolgt ist. In Zukunft würden die beiden Fusionen in Österreich und Deutschland einer Fusionskontrolle unterliegen. Der wesentliche und tragende Gedanke der Bestimmung war, dass hier Unternehmen mit neuer Technologie auch einem entsprechenden Kontrollregime unterliegen soll. Gerade wenn man sich die Fusion Facebook / WhatsApp ansieht, ist wohl zu sehen, dass es im internationalen und vor allem im digitalen Bereich eine Konzentrationstendenz gibt. Hier sollte über adäquate Instrumente nachgedacht werden, solche Fusionen zu begleiten, führte Dr. Thanner aus.

Die Transaktionswert-Schwelle ist in Österreich, wie bereits ausgeführt, in § 9 Abs 4 KartG geregelt. Nach dieser Bestimmung hat die Anmeldung "neu" zu erfolgen, wenn:

  • die beteiligten Unternehmen im letzten Geschäftsjahr vor dem Zusammenschluss Umsatzerlöse von weltweit insgesamt mehr als 300 Millionen Euro erzielten,
  • die beteiligten Unternehmen im letzten Geschäftsjahr vor dem Zusammenschluss im Inland Umsatzerlöse von insgesamt mehr als 15 Millionen Euro erzielten,
  • der Wert der Gegenleistung für den Zusammenschluss mehr als 200 Millionen Euro beträgt, und
  • das zu erwerbende Unternehmen in erheblichem Umfang im Inland tätig ist.

Die Schwellen des § 35 Abs 1a GWB und des § 9 Abs 4 KartG sind subsidiär zu den umsatzbasierten Kriterien des § 35 Abs 1 GWB und § 9 Abs 1 bis 3 KartG anzuwenden. An der Anwendungspraxis der letztgenannten Kriterien ändern die Schwellen des § 35 Abs 1a GWB und des § 9 Abs. 4 KartG nichts. Hinsichtlich der umsatzbasierten Tatbestandselemente, die diese neuen Vorschriften enthalten, gelten bei der Umsatzberechnung keine Besonderheiten.

Auslegungsfragen ergeben sich derzeit insbesondere bei zwei Elementen, nämlich

zum einen betreffend die Bemessung des Transaktionswertes, zum anderen betreffend die Tätigkeit im Inland in erheblichem Umfang. Aus diesem Grund ist es auch sinnvoll mit einem Leitfaden für Klarheit zu schaffen, erläuterte GD Dr. Thanner.

In Österreich gab es bislang weniger als 20 Fälle, wobei es bei den Fragen nicht so sehr um den Transaktionswert ging, sondern um die Frage der „erheblichen Inlandstätigkeit“. Hier wurde versucht ein Modell zu finden für entsprechende intensivere Guidance.

Zum Transaktionswert, also den Wert der Gegenleistung oder Kaufpreis, wurden noch folgende Punkte hervorgehoben. Die Gegenleistung umfasst alle Vermögensgegenstände und sonstigen geldwerten Leistungen, die der Veräußerer vom Erwerber im Zusammenhang mit dem infrage stehenden Zusammenschluss erhält. Hinsichtlich des Zeitpunktes wird auf den Zeitpunkt des Vollzugs des Zusammenschlusses abgestellt.

Kritischer, auch in den Stellungnahmen, wurde die Frage der erheblichen Inlandstätigkeit gesehen. Vereinzelte schrieben, dass es eine Rechtsunsicherheit gäbe. Dies ließ GD Dr. Thanner jedoch nicht gelten. Gerade der gegenständliche Leitfaden schaffe Rechtsklarheit und Rechtssicherheit.

Die Frage ist, wie man sich dem Begriff der erheblichen Inlandstätigkeit am besten annähern kann. Hier geht es um Interpretationsfragen. Man könnte etwa einen Marktbezug herstellen einerseits, andererseits könnte man die Erheblichkeit quantitativ festlegen. Darauf hat der Gesetzgeber jedoch verzichtet. Ein Anhaltspunkt könnte hier auch die Systematik und der Zweck der Regelung ergeben: Die Transaktionswert-Schwelle soll jene Fälle erfassen, die bislang deshalb nicht der Fusionskontrolle unterlagen, weil das Zielunternehmen noch keine nennenswerten Umsätze erzielt hat, die aber dennoch ein hohes wirtschaftliches oder wettbewerbliches Potential aufweisen.

In Österreich hat der Gesetzgeber keine zweite Inlandsschwelle vorgesehen. Im Rahmen der Konsultation wurde vielfach der Wunsch geäußert, auch in Österreich eine Quantifizierung vorzunehmen.

Vor diesem Hintergrund wurde in der Randzahl 83 des Leitfadens aufgenommen, dass die BWB die Erheblichkeit der Inlandstätigkeit bei Umsatzerlösen vom Zielunternehmen im Inland von unter 500.000 Euro (in traditionellen Märkten) regelmäßig verneinen wird, vorausgesetzt diese Umsatzerlöse spiegeln die Marktposition und das wettbewerbliche Potenzial des Zielunternehmens angemessen wider.

Im Gegensetz zu Deutschland ist in Österreich keine Evaluierungsperiode festgesetzt, nämlich im Jahr 2020. Die BWB wird dennoch ebenfalls eine Evaluierung vornehmen und auf notwendige Anpassungen reagieren, so der Generaldirektor abschließend.

Vortrag von Vizepräsident Prof. Dr. Konrad Ost

Vizepräsident Ost wies darauf hin, dass der gemeinsame Leitfaden das Ergebnis einer langen Arbeit war, alle Beteiligten wissen, dass dies mit Mühen verbunden ist und bedankte sich bei den österreichischen Kollegen der BWB und bei seinem Team um Birgit Krueger.

Es ist nicht das erste Mal, dass das deutsche Bundeskartellamt mit der BWB zusammenarbeitet, aber in der Form eines gemeinsamen Leitfadens ist dies eine Premiere. Bereits im Bereich der vertikalen Preisbindungen gab es eine enge Zusammenarbeit und einen Austausch. Man findet schnell das Gespräch zueinander, man spricht die gleiche Sprache und hat einen eng verbundenen Marktraum, daher auch oft ähnliche Themen und Probleme. Weiters gibt es auch vergleichbare politische Diskussionen, die sich um diese Themen drehen, so Vizepräsident Ost eingangs.

Im Kontext der digitalen Wirtschaft und der großen Internetkonzerne Google, Facebook, Apple, Amazon, die oft eine enorme Marktmacht haben, würden sich neue kartellrechtliche Herausforderungen stellen. Die digitale Wirtschaft wirft neue Fragen auf – aufgrund von Netzwerkeffekten gebe es in der Internetökonomie eine Tendenz zu großen Unternehmen. Daher sei ein wichtiger Fokus, die Märkte offen zu halten, Nicht-Preiseffekte zu erfassen und Innovationen zu schützen. Hier muss man hinterfragen, ob die rechtlichen Rahmenbedingungen nach wie vor passend sind. Generell kann man sagen, dass das Kartellrecht ein relativ stabiles Recht ist, sowohl in Deutschland, als auch in Österreich. Es ist für eine Vielzahl an Konstellationen gedacht und recht flexibel. Anpassungen gibt es jedoch immer wieder, in Deutschland zuletzt etwa mit der 9. GWB Novelle, die im Jahr 2017 in Kraft getreten ist.

Der Gesetzgeber hat versucht den aktuellen Herausforderungen gerecht zu werden. Ausgangspunkt waren Märkte ohne Geldleistung, auf denen man mit seiner Aufmerksamkeit oder mit seinen Daten bezahlt, nicht aber mit (klassischem) Geld. Die Frage, ob diese unentgeltlichen Nutzerbeziehungen bereits Märkte darstellen, war nicht klar. Es gab dazu eine Entscheidung des OLG Düsseldorf, das dieser Frage kritisch gegenüberstand. Insofern war das Bundeskartellamt sehr dankbar, dass der Gesetzgeber hier eine gesetzliche Klarstellung vorgenommen hat und damit die Rechtssicherheit verbessert wurde.

Es stellte sich auch die Frage, wie man mit Konstellationen umgeht, in denen ein kleines Unternehmen, das ein enormes Zukunftspotential, aber wenig Umsätze hat, aufgekauft wird, also die schon von GD Dr. Thanner in seinen Ausführungen angesprochene Facebook/WhatsApp-Konstellation. Auch darauf gibt der Gesetzgeber nun eine Antwort, so Vizepräsident Ost.

Wettbewerb durch Strukturkontrolle schützen und die Märkte offenhalten, dabei ist nach wie vor die Fusionskontrolle das effektivste Mittel, konstatierte Vizepräsident Ost. In der Politik verstärkte sich jedoch den Eindruck, dass man gerade in der Digitalwirtschaft und anderen innovativen Branchen mit dem bisherigen Fusionskontrollregime nicht alle notwendigen Konstellationen erfassen konnte. Daher war in Deutschland relativ schnell ein Konsens gegeben, dass es sinnvoll ist moderate Anpassungen vorzunehmen, so Vizepräsident Ost.

Darauffolgend gab es einen Gleichlauf in Deutschland und Österreich. Das Problem wurde erkannt. Die Frage war dann schnell, ab wann soll man eingreifen, also die Frage nach der Schwelle: 200 Millionen, 400 Millionen, 1 Milliarde Euro? Fälle wie beispielsweise Facebook / WhatsApp (17,8 Milliarden Euro), wären jedenfalls klar erfasst. Aus der StartUp-Szene kam die Meinung, dass diese Innovationen betreiben und ihr Unternehmen voranbringen mit dem Ziel gekauft zu werden. Das ist der Treiber, sodass gerade aus dem Bereich Kritik kam, gab Vizepräsident Ost zu bedenken. Dies war dann auch ein Grund warum die Schwellen relativ hoch geworden sind. Weiters betont wurde auch das Thema, dass man nicht alle weltweiten Fusionen ohne Inlandsbezug erfassen soll, hier wurde dann der Begriff der „erheblichen Inlandstätigkeit“ aufgenommen.

Der Wert der Gegenleistung wird in der Praxis nicht das große Thema sein. Die materiell problematischen Fälle werden sicher die sein, die über den Schwellen sind. Hier muss man dann auch den ausreichenden Konnex zum Inland beachten.

Der Leitfaden ist etwas Besonderes, weil das Bundeskartellamt eigentlich die Policy vertritt, dass man keine Leitfäden schreiben soll, bevor man keine Praxis hat, da dieser eine in die Schrift gegossene Anwendungspraxis darstellt. Jedoch war hier das Bedürfnis der Praxis so groß, schon frühzeitig Guidance zu bekommen, sodass dies gemeinsam mit den österreichischen Kollegen der BWB in Angriff genommen wurde. Die Reaktionen waren sehr positiv und auch hinsichtlich der Rechtssicherheit bietet der Leitfaden eine einheitliche Handhabung für zukünftige Fälle. Es gab den Wunsch, man sollte klare Safe Harbours installieren, das konnte man in dieser Situation jedoch noch nicht liefern, da es noch zu wenig Anwendungspraxis gibt, führte Vizepräsident Ost aus.

Die neue Schwelle ist nun schon eine Weile in Kraft, in Deutschland gab es bis dato etwa 20-25 Fälle, in denen sich das Bundeskartellamt mit dem Thema befasst hat, die Hälfte davon waren mögliche Anmeldungen. Diese wurden aber nach Gesprächen mit dem Bundeskartellamt zum Teil wieder zurückgenommen, so blieben 2 Fälle über, in denen es dann konkreter um die Schwelle ging. Andere Fälle hat man einfach in der Begründetheit gelöst, und die Zulässigkeit offen gelassen. In Deutschland ist dies auch etwas einfacher als in Österreich, da es die Möglichkeit gibt Zusammenschlüsse, die materiell-rechtlich unproblematisch sind, ohne Detailprüfung der Anmeldepflicht freizugeben.

Viele Fälle, mit denen sich das Bundeskartellamt befasst hat, betrafen den Pharmabereich, etwa bei Entwicklungen die noch nicht marktreif sind, wo es um Forschungstätigkeiten geht, bei der man sicher ist, dass Potential dahinter ist. Es werden kaum Umsätze gemacht, und hier weiß man, dass die Umsätze nicht das wettbewerbliche Potential des Produktes wiederspiegeln. Hier war zu prüfen, was die Parameter sind, an denen man wiederum die Inlandstätigkeit festmachen kann. Ist etwa die Vermarktung konkret absehbar in Deutschland oder sind die Forschungsstudien im Wesentlichen im Inland geplant oder wurden dort durchgeführt, ist der Vertrieb schon konkret geplant? Mit anderen Worten, wo kann man sagen, dieses pharmazeutische Produkt ist für den deutschen Markt (mit)geplant. Hier kann man aus Sicht des Bundeskartellamts den Inlandskonnex herstellen. Der Wert der Gegenleistung war in allen Fällen unproblematisch, entweder war er deutlich darüber oder darunter, so Vizepräsident Ost.

Wie geht es in Deutschland im Bereich Digitales weiter? Die 9. GWB Novelle hat einige Themen bearbeitet, beispielsweise der unentgeltliche Markt, die Einführung der Transaktionswert-Schwelle, bei der Marktbeherrschung wurden nun Faktoren genannt, die klassischerweise auf Plattformen zutreffen, wie Zugang zu Daten oder Netzwerkeffekte. Aber das ist dem deutschen Gesetzgeber wahrscheinlich nicht genug, die Diskussion ist auch sichtbar im derzeit aktuellen Koalitionsvertrag. Gestärkt werden müsste demnach auch die Missbrauchsaufsicht, vor allem bei Plattformen. Hier werde man sehen, ob man die Eingreif-Schwellen so ansetzt, dass man handhabbarer an die Probleme herantreten kann. In der Praxis sieht man, dass sich die großen Player, wie Google, Apple, Amazon usw. auch in benachbarte Märkte weiter verbreitern. Zuletzt etwa Google, das in den Streaming-Markt eingetreten sei. Hier könnte es sein, dass Missbrauchsverbote vielleicht früher eingreifen sollten als bei einem klaren Marktbeherrschungsbefund. Die Diskussion ist bei weitem noch nicht abgeschlossen. Das zuständige Ministerium diskutiert dies noch intern, mit dem Bundeskartellamt, aber auch mit externen Gutachtern. „Hier den Stein der Weisen zu finden, ist offensichtlich nicht ganz einfach, sonst hätte der eine oder andere in Europa bereits erfolgreiche Gesetzesinitiativen gestartet“, analysierte Vizepräsident Ost.

Abschließend gab Vizepräsident Ost einen Einblick in die aktuellen Schwerpunkte des Bundeskartellamtes. Demnach ist dieses derzeit stark auf den Bereich Internetwirtschaft fokussiert. Man versucht hier in vielen Bereichen tätig zu werden, zum einen mit der Fallpraxis, beispielsweise beim Verfahren Facebook, in dem das Bundeskartellamt zum Schutz des Endverbrauchers tätig wird: Hier könnte Facebook seine Marktmacht gegenüber den Endnutzern durch unangemessene Bedingungen missbrauchen. Weiters ist das Bundeskartellamt im Bereich E-Commerce tätig, hier gibt es Verfahren zum Schutz des Internetvertriebs. Es gibt zudem Verfahren zum Schutz vor Plattformen und es werden Sektoruntersuchungen, derzeit etwa im Bereich Online-Werbung, durchgeführt.

Es gibt eine Vielzahl von Themen, mit denen sich das Bundeskartellamt befasst, hier wird es sicher auch wieder eine Zusammenarbeit mit den österreichischen Kollegen der BWB geben. Weiters muss man sich auch die Schnittstellen mit anderen Bereichen wie Regulierung und Datenschutz ansehen, wie dies der Gesetzgeber in Deutschland regeln wird. Es bleibe auf jeden Fall spannend, so Vizepräsident Ost abschließend.

Ausblick

Nach der Diskussionsrunde bedankte sich GD Dr. Thanner bei Vizepräsident Prof. Dr. Konrad Ost und Birgit Krueger sowie bei der Moderatorin Dr. Natalie Harsdorf und wünschte allen Teilnehmern des Competition Talk eine entspannte Sommerpause.

 

Videos
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Einleitung Dr. Harsdorf und Vortrag GD Dr. Thanner

Vortrag Vizepräsident Prof. Dr. Ost