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13. Competition Talk der BWB "Das Kartellrecht aus Sicht des Justizministeriums"

Am 28.10.2014 fand bereits der 13. Competition Talk der BWB zum Thema "Das Kartellrecht aus Sicht des Justizministeriums" im Hotel Stefanie statt. Als Vortragenden konnten wir diesmal den Bundesminister für Justiz Univ.-Prof. Dr. Brandstetter gewinnen.

Begrüßung

Der Generaldirektor der BWB Dr. Theodor Thanner freute sich besonders den nun schon seit 319 Tagen im Amt befindlichen Minister auf kartellrechtlichem Boden begrüßen zu dürfen und wies auf seine bislang tadellose Bilanz und Sachorientiertheit hin. Unter den zahlreich erschienenen Gästen waren auch der Vorsitzende des Kartellobergerichtes Dr. Manfred Vogel, der Bundeskartellanwalt Dr. Alfred Mair sowie der Vertreter der Europäischen Kommission in Österreich Dipl. Kfm. Marc Fähndrich.

Die Moderation übernahm die BWB-Referentin Mag. Barbara Seelos.

Einleitung

Dr. Brandstetter freute sich bei seinen einleitenden Worten über so viel Interesse zu diesem spannenden Thema und die ihm entgegengebrachte Wertschätzung. Er ist mit der "präventiven Wirkung der BWB" wie er betonte sehr, sehr, sehr zufrieden und muss immer wieder an die BWB und den Generaldirektor denken, wenn er im Alltag als Konsument unterwegs ist. Als eindrucksvolles Beispiel nannte er die Treibstoffpreise: "Jedes Mal, wenn ich Taxi fahre und mich über die hohen Spritpreise ärgere, denke ich mir: Ohne die BWB wären sie noch höher. Ich würde sagen: Ein Thanner entspricht 20 Cent", reüssierte er.

Die Schnittstelle Kartellrecht – Strafrecht

Die Moderatorin Mag. Barbara Seelos fuhr mit folgenden Worten fort: "Wir haben es gern, wenn wir Rückenwind bekommen, damit sind wir nämlich nicht verwöhnt" und gab das Wort wieder an BM Dr. Brandstetter.

Dieser referierte im Weiteren über ausgewählte Fragen etwa die Kronzeugenregelung, die Idealkonkurrenz des Kartellverbots mit einigen Tatbeständen des Strafgesetzbuchs sowie die Gewinnabschöpfung.

Einrichtung der Amtsparteien und Geldbußensystem

Mit der Einrichtung der kartellrechtlichen Amtsparteien der Bundeswettbewerbsbehörde und des Bundeskartellanwalts einerseits und der Einführung des Geldbußensystems andererseits wurde laut Dr. Brandstetter der durch die Kartellgesetz-Novelle 2002 in diesem Bereich spürbare Aufwind in die rechtspolitische Entwicklung aufgenommen.

Diese Entwicklung wurde weiters durch die Neukodifizierung und Ausrichtung am europäischen Kartellrecht mit dem Kartellgesetz 2005 und der Wettbewerbsgesetz-Novelle 2005 fortgesetzt.

"Dabei handelt es sich um eine beachtliche ErfolgsgeschichteIch denke, dass sowohl die Anzahl als auch die Dauer der Verfahren europaweit herzeigbar sind", erläuterte Dr. Brandstetter.

Auch ist mit einigen Vorabentscheidungsersuchen zur Weiterentwicklung des europäischen Kartellrechts insbesondere des "Private Enforcement" beigetragen worden.

Alle diese rechtspolitischen Entwicklungen waren außerdem auf einem grundsätzlich konsensualen Weg und unter Einbindung aller Stakeholder zustande gebracht worden. Wobei die Sozialpartner, Rechtsanwaltschaft, Wissenschaft, Amtsparteien und Gerichtsbarkeit in bewährter Weise ihre Expertise eingebracht und so zum Gelingen beigetragen haben.

Settlements und Geldbußenhöhe

Die letzte Studie des Wirtschafts- und Sozialbeirats kritisiere eine mangelnde Nachvollziehbarkeit der Höhen der bei Settlements beantragten Geldbußen und die Bindung des Kartellgerichts an die von der BWB beantragten Geldbußenhöhe, die auf Kronzeugenfälle beschränkt werden sollte. Dabei stelle sich aber die Frage, ob nicht gerade diese Bindung zentral für das Funktionieren der Settlements ist. "Welche anderen Anreize als die Zusage einer gemilderten Geldbuße können denn sonst einem Unternehmer geboten werden, der bereit ist durch eine selbstbelastende Aussage zur Aufdeckung eines Kartells beizutragen?", meinte BM Dr. Brandstetter.

Im Übrigen ist auch die Kronzeugenregelung des § 11 WettbG nicht auf die Aufdeckung eines Kartellverstoßes anderer Unternehmen beschränkt, sondern lässt auch den "Kronzeugen gegen sich selbst" zu, sodass die Settlementfälle ohnedies auch unter die Kronzeugenregelung fallen.

Absicherung des Kronzeugenstatus

Darüber hinaus stehen nach wie vor die Absicherung des Kronzeugenstatus und die Stellung betroffener Unternehmen bei der Bundeswettbewerbsbehörde zur Diskussion. Dabei geht es primär um Fragen, die im Wettbewerbsgesetz geregelt sind, für das das BMWFW eine führende Verantwortung wahrnimmt. Vor dem Hintergrund ähnlicher Fragen im Strafrecht ist das BMJ an der Diskussion über den kartellrechtlichen Kronzeugen besonders interessiert, eine Verrechtlichung erscheint Dr. Brandstetter in Hinblick auf die vor ihrer Annahme stehende Richtlinie über Schadenersatz aus Wettbewerbsverstößen kaum jedoch vermeidlich.

Verjährungsregelung und Beweislastumkehr

Im aktuellen Regierungsprogramm wird eine Änderung der Verjährungsregeln angekündigt, die verhindern soll, dass während laufender Ermittlungshandlungen Verjährung eintritt. "Eine Verhinderung der Verjährung bei laufenden Ermittlungshandlungen sollte eigentlich logisch sein", unterstützte Dr. Brandstetter diese wichtige Forderung der Amtsparteien. Ferner wird die schon in der letzten Legislaturperiode diskutierte Beweislastumkehr bei Preismissbrauch von marktmächtigen Energieversorgungsunternehmen neuerlich in Aussicht genommen.

Die eingangs bereits dargelegte Entwicklung hat zweifellos zu einer Modernisierung und Europäisierung des österreichischen Kartellrechts und damit auch zu einer Stärkung des Kartellrechtsvollzugs im Interesse eines funktionierenden Wettbewerbs geführt. Diese müsse auch weiter vorangetrieben werden. Dr. Brandstetter steht hinter der BWB und wird diese weiterhin unterstützen.

Ausblick: am 11. - 12. Dezember findet die Competition Conference zum Thema "BEST PRACTICES IN INVESTIGATIONS", statt