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Settlement im jahrelangen Industriezucker-Kartellverfahren: Südzucker AG akzeptiert Bußgeld iHv EUR 4,2 Millionen und gibt Anerkenntnis ab

Das Kartellobergericht (KOG) hatte nach einem EuGH Erkenntnis das Verfahren an das Kartellgericht (KG) zurückverwiesen. Zuvor hatte das KG 2019 die Anträge der BWB gesamthaft abgewiesen, was einen Rekurs der BWB an das KOG nach sich zog. Das KOG hatte dann den EuGH mit einem Vorabentscheidungsersuchen befasst. Die Südzucker AG hat ein Anerkenntnis abgegeben und dadurch das durch die BWB konkretisierte Bußgeld iHv EUR 4,2 Millionen akzeptiert. Damit wird ein jahrelanges Verfahren zeitnah abgeschlossen werden können.

Verfahrensverlauf

Die BWB stellte gegen mehrere Unternehmen einen Antrag auf Geldbuße bzw. auf Feststellung eines kartellrechtlichen Verstoßes aufgrund von Gebietsabsprachen im Vertrieb von Industriezucker. Informationen dazu waren insbesondere von einem Unternehmen gekommen, welches den Kronzeugenstatus erhielt.

Das Kartellgericht wies die Anträge der BWB 2019 gesamthaft ab.

Im Jahr 2014 hatte das Bundeskartellamt in Deutschland wegen gebietsbezogener Absprachen in Bezug auf den deutschen Markt gegen drei große deutsche Zuckerhersteller (Pfeifer & Langen GmbH & Co. KG, Südzucker AG, Nordzucker AG) Verfahren geführt. Das Kartellgericht sah im Hinblick auf das deutsche Verfahren eine Thematik der Doppelbestrafung und sah unter anderem aus diesem Grund von einer Feststellung gegenüber dem Kronzeugen und Bußgeldverhängung ab. Weitere Aspekte der Zuwiderhandlung sah das KG aufgrund der Beweismittel nicht erwiesen an. Gegen den Beschluss des Kartellgerichts vom 15.05.2019 (Gz 29 Kt 2/16k, 29 Kt 3/16g) erhob die BWB einen teilweisen Rekurs, und zwar gegen den Teil der Abweisung, dem die mögliche Doppelbestrafungsthematik zugrunde gelegt worden war. Die abweisende Entscheidung des Erstgerichts, wonach eine Teilnahme von Agrana Zucker GmbH an einer Zuwiderhandlung nicht festgestellt werden konnte, ist in Rechtskraft erwachsen.

Das Kartellobergericht wandte sich im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens im Hinblick auf das Doppelbestrafungsverbot an den Europäischen Gerichtshof (C-151-/20). Der EuGH beantwortete die Frage zur Anwendung des Doppelbestrafungsverbots zusammengefasst dahingehend, dass das Gericht unter Würdigung aller relevanten Umstände zu prüfen habe, ob das in Rede stehende Kartell mit der Entscheidung des Bundeskartellamts von 2014 nicht nur insoweit geahndet wurde, als es im deutschen Hoheitsgebiet einen wettbewerbswidrigen Zweck verfolgte oder diese Wirkung hatte, sondern auch insoweit, als es im österreichischen Hoheitsgebiet einen solchen Zweck verfolgte oder eine solche Wirkung hatte. Dabei ist erheblich, ob die in Deutschland verhängten Geldbußen nur auf Grundlage der deutschen Umsätze bemessen wurden. Man muss daher beurteilen, welcher konkrete Markt von den Absprachen betroffen ist und in welchem Umfang.

Mit der Entscheidung vom 21.10.2022 nahm das Kartellobergericht auf diese Kriterien Bezug und gab dem Teil-Rekurs der BWB gegen die abweisende Entscheidung der ersten Instanz statt (16 Ok 2/22p). Es wurde damit klargestellt, dass die Nordzucker AG und die Südzucker AG in einem Telefongespräch 2006 eine kartellrechtswidrige Absprache bezüglich Industriezucker getroffen und gegen Art 101 AEUV (ex Art 81 EG) und § 1 KartG 2005 verstoßen hatten. Konkret ging es um ein Telefonat der jeweiligen Vertriebsleiter. Es wurde eine Reaktion auf dem deutschen Markt angedroht, wenn sich die slowakische Tochtergesellschaft der Nordzucker nicht aus dem österreichischen Markt zurückziehe.

Konkretisierung des Bußgeldes

Für die Entscheidung über die Höhe der gegen die Südzucker AG beantragten Geldbuße erachtete das Kartellobergericht eine weitere Auseinandersetzung mit dem Sachverhalt für erforderlich. Dieser noch offene Verfahrensteil wurde daher zur Ergänzung an das Kartellgericht verwiesen.

In diesem offenen Verfahrensteil hat die Südzucker AG nunmehr im Rahmen von Settlementgesprächen ein Anerkenntnis für eine Zuwiderhandlung von Februar bis Oktober 2006 abgegeben. Für den vom KOG bestätigten Teil des Sachverhalts sieht die BWB in Abstimmung mit dem Bundeskartellanwalt (BMJ) ein Bußgeld iHv EUR 4,2 Mio. als angemessen an. Die Südzucker AG hat die Höhe des Bußgeldes als angemessen akzeptiert.