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10. Competition Talk der BWB "Compliance & Kartellrecht Status quo - quo vadis?"

Am 1. April 2014 fand der 10. Competition Talk der BWB erneut im Hotel Stefanie statt.

0. Competition Talk zum Thema "Compliance & Kartellrecht Status quo - quo vadis?"

Unter Moderation des Geschäftsstellenleiters Dr. Peter Matousek, diskutierten Mag. Karin Mair, CFE, Dr. Johannes Paha (Universität Giessen) sowie Dr. Johannes Willheim, M.B.L.-HSG zu dem spannenden und stark nachgefragten Thema Compliance.

Einleitend begrüßte Generaldirektor Dr. Thanner und wies darauf hin, dass "eine Sensibilisierung im Bereich Compliance und Kartellrecht heutzutage immer mehr erforderlich ist".

Nicht zufällig steht die 10. Jubiläumsausgabe der Competition Talks unter dem Stern dieses wichtigen Themas.

Der erste Referent, Dr. Paha, ist wissenschaftlicher Assistent der Universität Giessen am Institut für Industrieökonomie, Wettbewerbspolitik und Regulierung und kam als Vertretung für Frau Prof. Theresia Theurl, die aus privaten Gründen verhindert war. Paha legte exemplarisch dar, dass nach einer kürzlich erschienen PwC-Studie breitflächig Compliance Programme in Unternehmen implementiert werden, aber der Bereich Kartellrecht dabei stiefmütterlich behandelt wird. Die dafür angegebenen Gründe lägen in den mit den Compliance Maßnahmen verbundenen Kosten und dem fehlenden Bewusstsein für Kartellrecht.

Die Notwendigkeit einer kartellrechtlichen Compliance begründe sich für Paha in zweierlei Hinsicht: Einerseits ergebe sie sich aus einer rechtlichen Obliegenheit (zB mit Verweis auf § 82 AktG) und andererseits aus einer ökonomischen Überlegung (Bußgelder, Schadenersatzverfahren, Verfahrenskosten). Zusätzlich sollten Unternehmen auch an die internen Kosten denken, die mit einem Kartellrechtsverfahren einhergehen, wie zB Managementressourcenbindung oder die zusätzliche Belastung von Rechtsabteilungen.

Die Bedeutung von Bußgeldern durch Wettbewerbsbehörden sehe Paha vor allem in ihrer abschreckenden Wirkung.

Zusammenfassend sehe Paha die Notwendigkeit eines aktiven Diskurses zwischen Unternehmen, Wettbewerbsbehörden und der Forschung um Compliance weiterzuentwickeln.

Als zweiter Referent stellte Dr. Willheim fest, dass Compliance gesetzlich nicht verankert sei. Er verweist darauf, dass das Compliance Handbuch der Kommission ("Compliance Matters") zu einem Zeitpunkt entstand, als Compliance mehr eine theoretische Materie war.

Mittlerweile sei Compliance in der Praxis angekommen und die Etablierung eines Compliance Programmes habe jedenfalls rechtliche Auswirkungen. Selbst wenn das Bestehen eines Compliance Programmes keinen gesetzlichen Milderungsgrund bei der Geldbußenberechnung darstelle, helfe es im gegebenen Fall einen Verstoß zu erkennen und unverzüglich abzustellen oder sich frei zu beweisen. Die sofortige, unverzügliche Einstellung eines kartellrechtswidrigen Verhaltens stelle jedenfalls einen Milderungsgrund gem. § 30 KartG dar. 

Willheim verweist auf den Leitfaden der internationalen Handelskammer (ICC Antitrust Compliance Toolkit, BWB berichtete im Nov. 2013).

Zuletzt beleuchtete Mag. Karin Mair von Deloitte den forensischen Aspekt von Compliance. Die Forensikexpertin verstand es pointiert darauf hinzuweisen, dass oftmals die faktische Wahrnehmung von Unternehmen von den tatsächlich operativen Abläufen abweiche. Ihre forensische Arbeit gehe des Öfteren einher mit der Ermittlungsarbeit der BWB. Da es sich beim Kartellrecht um eine komplexe und themenübergreifende Materie handle, brauche es sowohl rechtliche als auch informationstechnische Beratung.

Mair fasste zusammen, dass eine "One fits all"-Lösung in diesem Bereich nicht ratsam sei, sondern auf das jeweilige Unternehmen abgestellt werden müsse.