Zusammenschlüsse

Eine der zentralen Aufgaben der Bundeswettbewerbsbehörde ist die Prüfung anmeldepflichtiger Zusammenschlussvorhaben auf ihre Vereinbarkeit mit den Bestimmungen des Kartellgesetzes. Die BWB prüft in einer vierwöchigen Frist (sogenannte Phase I), ob durch den geplanten Zusammenschluss eine marktbeherrschende Stellung entsteht oder verstärkt wird.

Was ist ein Zusammenschluss?

Der Zusammenschlussbegriff wird im § 7 KartG geregelt.

§ 7. (1) Als Zusammenschluss im Sinn dieses Bundesgesetzes gelten

  1. der Erwerb eines Unternehmens, ganz oder zu einem wesentlichen Teil, durch einen Unternehmer, insbesondere durch Verschmelzung oder Umwandlung,
  2. der Erwerb eines Rechts durch einen Unternehmer an der Betriebsstätte eines anderen Unternehmers durch Betriebsüberlassungs- oder Betriebsführungsverträge,
  3. der unmittelbare oder mittelbare Erwerb von Anteilen an einer Gesellschaft, die Unternehmer ist, durch einen anderen Unternehmer sowohl dann, wenn dadurch ein Beteiligungsgrad von 25%, als auch dann, wenn dadurch ein solcher von 50% erreicht oder überschritten wird,
  4. das Herbeiführen der Personengleichheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder der zur Geschäftsführung berufenen Organe oder der Aufsichtsräte von zwei oder mehreren Gesellschaften, die Unternehmer sind,
  5. jede sonstige Verbindung von Unternehmen, auf Grund deren ein Unternehmer unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss auf ein anderes Unternehmen ausüben kann.

(2) Als Zusammenschluss gilt auch die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens, das auf Dauer alle Funktionen einer selbständigen wirtschaftlichen Einheit erfüllt.

(3) (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 13/2013)

(4) Gehören alle beteiligten Unternehmen einem Konzern (§ 15 Aktiengesetz 1965, BGBl. Nr. 98, § 115 des Gesetzes über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, RGBl. Nr. 58/1906) an, so liegt kein Zusammenschluss vor.

Schwellenwerte

Nicht jeder Zusammenschluss in Österreich ist bei der BWB anmeldepflichtig. Ein Zusammenschlussvorhaben ist nur dann anmeldepflichtig, wenn bestimmte Umsatzschwellen überschritten werden.

Die Schwellen sind in § 9 KartG geregelt und werden durch § 22 KartG, der die Berechnung des Umsatzes näher definiert, ergänzt:

§ 9. (1) Zusammenschlüsse bedürfen der Anmeldung bei der Bundeswettbewerbsbehörde, wenn die beteiligten Unternehmen im letzten Geschäftsjahr vor dem Zusammenschluss die folgenden Umsatzerlöse erzielten:

  1. weltweit insgesamt mehr als 300 Millionen Euro,
  2. im Inland insgesamt mehr als 30 Millionen Euro, davon mindestens zwei Unternehmen jeweils mehr als eine Million Euro, und
  3. mindestens zwei Unternehmen weltweit jeweils mehr als fünf Millionen Euro.

(2) Ausgenommen von Abs. 1 sind Zusammenschlüsse, wenn die beteiligten Unternehmen im letzten Geschäftsjahr vor dem Zusammenschluss die folgenden Umsatzerlöse erzielten:

  1. nur eines der beteiligten Unternehmen im Inland mehr als fünf Millionen Euro und
  2. die übrigen beteiligten Unternehmen weltweit insgesamt nicht mehr als 30 Millionen Euro.

(3) Bei der Anwendung der Abs. 1 Z 1 und 2 und des Abs. 2 Z 2 auf Medienzusammenschlüsse (§ 8) sind die Umsatzerlöse von Medienunternehmen und Mediendiensten mit 200, die Umsatzerlöse von Medienhilfsunternehmen mit 20 zu multiplizieren.

(4) Zusammenschlüsse, auf die Abs. 1 nicht anwendbar ist, bedürfen auch der Anmeldung bei der Bundeswettbewerbsbehörde, wenn

  1. die beteiligten Unternehmen im letzten Geschäftsjahr vor dem Zusammenschluss Umsatzerlöse von weltweit insgesamt mehr als 300 Millionen Euro erzielten,
  2. die beteiligten Unternehmen im letzten Geschäftsjahr vor dem Zusammenschluss im Inland Umsatzerlöse von insgesamt mehr als 15 Millionen Euro erzielten,
  3. der Wert der Gegenleistung für den Zusammenschluss mehr als 200 Millionen Euro beträgt und
  4. das zu erwerbende Unternehmen in erheblichem Umfang im Inland tätig ist.

Bei der Berechnung der Umsätze ist § 22 KartG 2005 zu beachten:

§ 22. Bei der Anwendung dieses Bundesgesetzes sind Umsatzerlöse nach den folgenden Grundsätzen zu berechnen:

1. Unternehmen, die in der im § 7 beschriebenen Form miteinander verbunden sind, gelten als ein einziges Unternehmen; Umsätze aus Lieferungen und Leistungen zwischen diesen Unternehmen (Innenumsätze) sind in die Berechnung nicht einzubeziehen

2. bei Kreditinstituten tritt an die Stelle der Umsatzerlöse die Summe der folgenden Ertragsposten:

a) Zinserträge und ähnliche Erträge,

b) Erträge aus Aktien, anderen Anteilsrechten und nicht festverzinslichen Wertpapieren, Erträge aus Beteiligungen und Erträge aus Anteilen an verbundenen Unternehmen,

c) Provisionserträge,

d) Nettoerträge aus Finanzgeschäften und

e) sonstige betriebliche Erträge; 

3. bei Versicherungsunternehmungen treten an die Stelle der Umsatzerlöse die Prämieneinnahmen.

Anmeldepflicht

Besteht Unklarheit darüber, ob ein Zusammenschluss anmeldepflichtig ist, bietet die BWB die Möglichkeit an, sich mittels E-Mail an folgende Postfach-Adresse zu wenden: POST-Anmeldepflicht[at]bwb.gv.at

Hinweis: Je detaillierter die Angaben zum geplanten Zusammenschluss sind, desto besser kann die Situation seitens der BWB eingeschätzt werden.

Einbringung von Anmeldungen

Zusammenschlüsse können in elektronischer Form ausschließlich mittels ERV bei der BWB (Z008239) während der Amtsstunden eingebracht werden.

Bei technischen Fragen wenden Sie sich bitte an david.holzer[at]bwb.gv.at oder Isabelle.Zlamal[at]bwb.gv.at.

Amtsstunden:
Montag bis Donnerstag 08:00-16:00 Uhr, Freitag 08:00-15:00 Uhr.

Keine Amtsstunden am 24. und 31. Dezember; Amtsstunden am Karfreitag nur von 08:00 bis 12:00 Uhr.

Vergebührung

Für Zusammenschlussanmeldungen ist eine Pauschalgebühr von EUR 6.000 auf nachfolgend genanntes Konto zu entrichten (§ 10a Abs 1 WettbG):

IBAN: AT32 0100 0000 0508 0070, BIC: BUNDATWW

lautend auf "Bundeswettbewerbsbehörde".

Die vierwöchige Prüfungsfrist (§ 11 Abs 1 KartG) beginnt erst mit der ordnungsgemäßen Vergebührung, frühestens aber mit dem Einlangen der Anmeldung, zu laufen. Die ordnungsgemäße Vergebührung ist in der Anmeldung nachzuweisen (§ 11a Abs 2 KartG).

Die ordnungsgemäße Vergebührung erfolgt mit dem Tag der Wertstellung auf dem Konto der BWB, das ist jener Tag, an dem die kontoführende Bank der BWB (das ist die Bawag-PSK) den zu überweisenden Betrag erhalten hat.

In der Praxis bedeutet dies, dass Bareinzahlungen bei der Empfängerbank sowie Überweisungen von einem Konto derselben Bank unmittelbar taggleich wertgestellt werden, während andere (auch grenzüberschreitende) SEPA-Überweisungen idR am nächsten Geschäftstag einlangen. Im letztgenannten Fall wird die BWB daher mit der Veröffentlichung des Zusammenschlusses zuwarten, bis der Zahlungseingang am Konto verbucht ist. Der Fristenlauf beginnt in diesem Fall mit dem Tag der Wertstellung der Anmeldegebühr, wenn dieser Tag später als das Einlangen der Anmeldung ist. Langt die Zusammenschlussanmeldung später als die Wertstellung der Pauschalgebühr bei der BWB ein, so beginnt der Fristenlauf mit dem Einlangen der Anmeldung.

Die Einzahlung muss für die Behörde spesenfrei erfolgen. Auf dem Einzahlungs- oder Überweisungsbeleg ist das Stichwort "Anmeldegebühr", sowie der Name des Anmelders oder eine andere der Anmeldung eindeutig zuordenbare Bezeichnung anzugeben, auf die in der Anmeldung nochmals explizit verwiesen wird. 

Pränotifikationsgespräch

Liegen Zweifel über die Notwendigkeit einer Anmeldung vor oder ist ein Zusammenschluss sehr komplex oder die Marktanteile nach dem Zusammenschluss sehr hoch, kann in vielen Fällen zu einem Pränotifikationsgespräch geraten werden. Es liegt im Interesse sowohl der Anmelder als auch der Bundeswettbewerbsbehörde, Zusammenschlusskontrollverfahren möglichst zügig und reibungsfrei abzuwickeln. Mit Hilfe eines Gespräches auf Basis eines übermittelten Anmeldungsentwurfes können oft wichtige Informationen zur Beurteilung der wettbewerblichen Auswirkungen gewonnen werden.

Gelingt es in dieser frühen Phase, die wettbewerblichen Fragen abzugrenzen und zwischen Bundeswettbewerbsbehörde und Anmeldern eine Einigung über wirksame Abhilfen (Beschränkungen oder Auflagen) zu erzielen, kann ein aufwendiges und kostenintensives Verfahren vor dem Kartellgericht vermieden werden.

Um den Verfahrensprozess zu erleichtern hat die BWB im Februar 2023 einen Leitfaden für Pränotifikationsverfahren in der Zusammenschlusskontrolle veröffentlicht.

Leitfaden Pränotifikationsverfahren in der Zusammenschlusskontrolle 

Rechte Dritter im Zusammenschlussverfahren

Jeder Unternehmer, dessen rechtliche oder wirtschaftliche Interessen durch den Zusammenschluss berührt werden, kann

  • binnen 14 Tagen ab der Bekanntmachung der Anmeldung gegenüber der Bundeswettbewerbsbehörde und dem Bundeskartellanwalt eine schriftliche Äußerung abgeben (Achtung: Der Einschreiter hat kein Recht auf eine bestimmte Behandlung der Äußerung!) 
  • im (einem Prüfungsantrag der Bundeswettbewerbsbehörde oder des Bundeskartellanwalts folgenden) gerichtlichen Prüfungsverfahren gegenüber dem Kartellgericht schriftliche Äußerungen abgeben. (Achtung: Der Einschreiter erlangt dadurch keine Parteistellung!)

Die Amtspartei, bei der eine Äußerung nach Bekanntmachung der Anmeldung einlangt, hat zwar die andere Amtspartei hievon unverzüglich zu verständigen, dennoch wird aus praktischen Gründen dringend geraten, Äußerungen beiden Amtsparteien gleichzeitig zukommen zu lassen und dies auch auf der Äußerung ersichtlich zu machen.

Prüfungsanträge

Die Bundeswettbewerbsbehörde bringt einen Antrag auch auf kartellgerichtliche Prüfung (Phase II) des Zusammenschlusses dann ein, wenn

  1. der Zusammenschluss nach Auffassung der Bundeswettbewerbsbehörde wettbewerbsrechtlich problematisch ist und vor oder im Laufe der Phase I keine Einigung über geeignete Maßnahmen zur Beseitigung der bestehenden Bedenken erzielt werden konnte, oder
  2. die Bewertung der wettbewerblichen Auswirkungen des Zusammenschlussvorhabens durch die BWB am Ende der vierwöchigen Frist (zB wegen des Fehlens beurteilungsrelevanter Informationen, aber auch wegen des Vorliegens komplexer wettbewerblicher Fragestellungen) nicht abgeschlossen werden konnte.

Auch in der Phase II des Verfahrens ist die Bundeswettbewerbsbehörde bereit, mit den Antragstellern über mögliche Abhilfemaßnahmen gegen wettbewerbsrechtliche Probleme zu sprechen und, sind diese Maßnahmen zur Ausräumung der Bedenken der Bundeswettbewerbsbehörde geeignet, ihren Prüfungsantrag gegebenenfalls zurückzuziehen.

Veröffentlichungen

Verschiedene Bestimmungen des Kartellgesetzes und des Wettbewerbsgesetzes sehen Bekanntmachungs- und Informationspflichten der Bundeswettbewerbsbehörde vor. Dies betrifft die Bekanntmachung von bei der Bundeswettbewerbsbehörde angemeldeten Zusammenschlüssen, die Information über von den Amtsparteien gestellte Anträge (Antrag auf Prüfung eines Zusammenschlusses im Verfahren vor dem Kartellgericht gem § 11 KartG, Anträge auf Abstellung, Feststellung oder Verbindlicherklärung von Verpflichtungszusagen im Kartell- und Mißbrauchsverfahren gem §§ 26, 27, 28 KartG) sowie über Entscheidungen des Kartellgerichtes und des Kartellobergerichtes (§ 15 KartG, § 10b Abs 3 WettbG).

Die Bundeswettbewerbsbehörde ist bemüht, über diese gesetzlich festgelegten Verpflichtungen hinaus auf den folgenden Seiten möglichst umfassend über den Verlauf derartiger Verfahren zu informieren.

Formblatt

Die BWB hat das Formblatt für Zusammenschlussanmeldungen überarbeitet. Wir bitten bei neuen Zusammenschlussanmeldungen dieses Formblatt zu verwenden. Für die Anwendung des Formblattes gilt die Übergangsfrist per 31.10.2020.
Formblatt für Zusammenschlüsse 2020

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