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BWB legt Abschlussbericht der Branchenuntersuchung im österreichischen Kraftstoffmarkt vor

Vor dem Hintergrund stark steigender Preise am Kraftstoffmarkt und den daraus für Konsumentinnen und Konsumenten und Unternehmen resultierenden Belastungen, sowie aufgrund von zahlreichen Beschwerden, leitete die Bundeswettbewerbsbehörde („BWB“) im März 2022 eine Branchenuntersuchung im österreichischen Markt für Kraftstoffe ein.

Anfang Juli 2022 veröffentlichte die BWB ihren vorläufigen Bericht zur Branchenuntersuchung (siehe die Pressemeldung der BWB vom 07.07.2022). Bis zum 27.07.2022 wurde allen betroffenen Marktteilnehmern die Möglichkeit eingeräumt, Stellungnahmen zu den vorläufigen Ergebnissen der Untersuchung abzugeben. Lediglich zwei Marktteilnehmer übermittelten eine Stellungnahme, der überwiegende Teil hat keine Äußerung abgegeben. Die von den Marktteilnehmern übermittelten Stellungnahmen waren konstruktiv, eine Änderung der Ergebnisse der vorläufigen Untersuchung ergibt sich dadurch aber nicht.

Der Abschlussbericht der Branchenuntersuchung wurde um eine Analyse der an die BWB übermittelten Stellungnahmen erweitert. Darüber hinaus wurde der Bericht um ein Kapitel ergänzt, in dem die Entwicklung der Betriebskosten der Raffinerien beleuchtet wird. Damit lassen sich nun konkretere Aussagen zur Entwicklung der tatsächlichen Gewinnmargen der Raffinerien treffen.

Mit dem vorliegenden Abschlussbericht kann die BWB der Regierung, dem Parlament und der Öffentlichkeit durch Daten belegte Fakten zur Verfügung stellen, um eine evidenzbasierte Diskussion zu ermöglichen.

Ergebnisse der Untersuchung

Aus der Untersuchung ergeben sich keine unmittelbaren Hinweise auf Kartellierung oder Marktmachtmissbrauch. Jedoch ist festzuhalten, dass der nun um ein Kostenkapitel ergänzte Abschlussbericht auf stark gestiegene Gewinnmargen der Raffinerien (=Bruttomargen abzüglich der Betriebskosten) in den Monaten nach dem Beginn des Krieges in der Ukraine schließen lässt.

Die Ergebnisse der Branchenuntersuchung zeigen, dass der überwiegende Teil des Preisanstiegs an den Tankstellen auf gestiegene internationale Preisnotierungen für Diesel und Benzin zurückzuführen ist. Internationale Preisnotierungen dienen in Lieferverträgen als Referenzpreise für die Bestimmung von Großhandels- oder Raffinerieabgabepreisen.

Gleichzeitig finden sich allerdings seit Beginn des Krieges in der Ukraine dennoch auch deutlich höhere Gewinnmargen bei den Raffinerien der Mineralölkonzerne sowie im März höhere Bruttomargen bei Tankstellen:

  • Die von den Mineralölkonzernen im Zuge der Marktbefragung übermittelten Betriebskosten lassen vor dem Hintergrund der gestiegenen Erdgas- und Stromkosten seit dem Jahr 2021 den Schluss zu, dass die tatsächlichen Gewinnmargen der Raffinerien seit dem Beginn des Krieges in der Ukraine vergleichbar zur Entwicklung der Bruttomargen gestiegen sind.
  • Im ersten Quartal 2022 stiegen die Großhandelspreise für Gas und Strom im Vergleich zum selbigen Quartal 2021 um circa 600% und 160%. Über denselben Zeitraum erhöhten sich die Betriebskosten der Raffinerien, in denen Gas- und Stromkosten enthalten sind, um durchschnittlich weniger als 1 Cent pro Liter. Das zeigt die untergeordnete Bedeutung der Gas- und Stromkosten im Vergleich zu den Rohölkosten, die über diesen Zeitraum um etwa 25 Cent pro Liter angestiegen sind. Vor diesem Hintergrund kam die BWB zu dem Schluss, dass es bei den Betriebskosten im zweiten Quartal 2022 kaum zu einer substantiellen Erhöhung gekommen sein dürfte, da Gas- und Strompreise nur um etwa 40% und 20% im Vergleich zum Vorquartal gestiegen sind.
  • Die BWB hat analysiert, ob die Preisanstiege an den Tankstellen aus der Entwicklung der Rohölpreise allein heraus erklärbar sind. Die Berechnungen haben ergeben, dass in der ersten Junihälfte - gegenüber der Zeit vor dem Beginn des Krieges in der Ukraine - die um rund 36 Cent pro Liter Diesel und 41 Cent pro Benzin gestiegenen internationalen Preisnotierungen sich von den Rohölpreisen entkoppelt haben. Die Rohölpreise sind im selben Zeitraum nur um rund 22 Cent pro Liter gestiegen.
  • Der aus dem Anstieg der Rohölpreise nicht erklärbare stärkere Anstieg der Preise (Entkoppelung) von Diesel und Benzin an den Tankstellen führte über diesen Zeitraum zu einer Verdreifachung der Bruttomargen. Während bei Diesel der Beitrag an den Bruttomargen um rund 14 Cent pro Liter stieg, waren es bei Benzin rund 20 Cent pro Liter.
  • Die am 08.07.2022 von der britischen Wettbewerbsbehörde (Competition and Markets Authority – CMA) vorgelegte Untersuchung zum Kraftstoffmarkt kam bei ihren Berechnungen der Bruttomargen zu ähnlichen Ergebnissen (siehe Fuel Road Review der CMA vom 08.07.2022). In weiterer Folge wurde eine tiefergehende Marktuntersuchung eingeleitet, um ein besseres Verständnis der Funktionsweise des britischen Kraftstoffmarktes zu entwickeln. Die CMA hat rechtlich die Möglichkeit, gegebenenfalls wettbewerbsfördernde Maßnahmen zu ergreifen. Auf Ebene der Tankstellen gibt es nur für März 2022 Hinweise auf substantiell erhöhte Bruttomargen. In den Folgemonaten lagen die Bruttomargen nur noch leicht über ihrem Vorkriegsniveau. Andere Kostenkomponenten wie gestiegene Transportkosten und Unsicherheit am Markt sind bei der Beurteilung leicht erhöhter Bruttomargen bei Tankstellen allerdings zu berücksichtigen.
  • Die Untersuchung auf Ebene der Tankstellen legt den Schluss nahe, dass ein fehlender Wettbewerb zwischen Tankstellen nicht die Ursache für die gestiegenen Tankstellenpreise ist, sondern die Ursache insbesondere in den gestiegenen internationalen Preisnotierungen bzw. auf Ebene der Raffinerien liegt. Für eine zukünftige rasche Weitergabe von Kostensenkungen an die Konsumentinnen und Konsumenten wird aber weiterhin ein funktionierender Wettbewerb von Bedeutung sein.
  • Die Thematik der internationalen Preisnotierungen geht über die nationale Ebene hinaus. Die BWB wird entsprechend mit der Europäischen Kommission zusammenarbeiten.

Die Auswirkungen auf die Konsumentinnen und Konsumenten können beispielhaft folgendermaßen dargestellt werden:

Umgerechnet auf eine 50 Liter Tankfüllung zahlen die Konsumenten durchschnittlich in der ersten Juni Hälfte, gegenüber der Zeit vor Beginn des Krieges, alleine aufgrund des Anstiegs der Rohölpreise um 13,20 Euro (inkl. MWSt-Effekt) mehr, sowohl bei Diesel als auch bei Benzin. Zusätzlich zahlen die Konsumenten aufgrund der Steigerung der Bruttomargen um 11,40 Euro (inkl. MWSt-Effekt) bei einer Tankfüllung Diesel und um 12,60 Euro (inkl. MWSt-Effekt) bei einer Tankfüllung Benzin mehr.

Der Abschlussbericht kann unter folgendem Link heruntergeladen werden: