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Zusammenschlussverfahren Z-2906, Novomatic AG, Casinos Austria AG, Österreichische Lotterien Gesellschaft m.b.H. - Entscheidung des OGH als KOG

Entscheidung des Obersten Gerichtshofs als Kartellobergericht (OGH 21.12.2016, 16 Ok 11/16b)

Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat am 21.12.2016 als Kartellobergericht im Zusammenschlussverfahren Z-2906 u.a. hinsichtlich des Rekurses der Novomatic AG gegen den Beschluss des Kartellgerichts, mit dem der Zusammenschluss untersagt wurde, entschieden, dass dem Rekurs nicht Folge gegeben wird. Dieser Beschluss wurde der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) am 13.1.2017 zugestellt.

Kartellgesetz im regulierten Glücksspielmarkt anwendbar

Eine der wichtigsten Fragen, die im Rekurs aufgeworfen wurde, bestand in einem behaupteten Widerspruch zwischen den regulatorischen Rahmenbedingungen (Glücksspielgesetz) und dem Wettbewerbsrecht (Kartellgesetz), die eine Anwendung des Wettbewerbsrechts in hochregulierten Bereichen ausschließen würden. 

Die BWB hat dazu die Auffassung vertreten, dass diese gesetzlichen Bestimmungen zwar unterschiedlichen Zielsetzungen folgen, bei sorgsamer Beachtung der jeweiligen Grenzen aber sehr wohl widerspruchsfrei miteinander verbunden werden können. Der Oberste Gerichtshof hat dazu festgestellt (Pkt. 7.1.), dass nach „ständiger Rechtsprechung zum Unionsrecht … die Anwendbarkeit von Wettbewerbsregeln durch das Bestehen von Regulierungsregeln nicht ausgeschlossen wird“.

Ausreichend Zeit für Auflagenverhandlungen

Auch hinsichtlich der Meinung, dass nicht genug Zeit für Auflagenverhandlungen mit der BWB gewährt worden wäre, folgte der OGH der Rekurswerberin nicht: Er wies u.a. darauf hin, dass „eine Einigung auch schon in der ´Phase I´ … zulässig gewesen wäre“ (Pkt. 3.5.; d.h. mehr als ein halbes Jahr vorher) und dass einen in letzter Minute adaptierten Auflagenvorschlag „BWB und Sachverständiger übereinstimmend dahin beurteilten, dass er keine wesentlichen Veränderungen enthalte.“

Eventualanträge sind bei Zusammenschlussanmeldungen nicht möglich

Zudem stellte der OGH hinsichtlich einer monierten separaten Prüfung der teilweisen Übernahme der CASAG-Tochter ÖLG (Österreichische Lotterien) klar, dass „Eventualanträge bzw. Eventualanmeldungen … im Rahmen von Zusammenschlussanmeldungen nicht möglich (sind)“, da „eine präventive Fusionskontrolle nicht mit rein hypothetischen Szenarien befasst werden soll“ (Pkt. 4.5.).

Mit dieser höchstgerichtlichen Entscheidung ist nunmehr das letzte Wort in einem der aufwändigsten Zusammenschlussverfahren der österreichischen Wettbewerbskontrolle gesprochen. 

Zur Chronologie des gesamten Verfahrens

Am 23.12.2015 meldete die Novomatic AG einen Zusammenschluss bei der Bundeswettbewerbsbehörde an. So beabsichtigte sie den Erwerb von (direkt bzw indirekt) über 25% der Anteile an Casinos Austria Aktiengesellschaft, den Erwerb von (indirekt) über 25% der Anteile an Österreichische Lotterien Gesellschaft m.b.H. sowie den Erwerb von Kontrolle an der Casinos Austria Aktiengesellschaft.

Am 26.8.2016 untersagte das Kartellgericht den Zusammenschluss aufgrund negativer Auswirkungen auf den Markt. 

Dagegen erhob Novomatic AG Rekurs an das Kartellobergericht (OGH). 

Gesetzte wesentliche Schritte der Bundeswettbewerbsbehörde im gesamten Verfahren

Die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) hat sich bereits sehr frühzeitig, d.h. Monate vor dem Einlangen der Anmeldung und bereits vor den Pränotifikationsgesprächen eingehend mit den Märkten vertraut gemacht. 
Die BWB führte „Marktgespräche“ mit allen wichtigen Stakeholdern, darunter auch Vertretern der ÖBIB sowie mit Spielerschutzeinrichtungen. 

Aus einer eingehenden Untersuchung der wettbewerbsrelevanten Fakten erwuchs die Auffassung der BWB, dass „durch den Zusammenschluss eine marktbeherrschende Stellung entsteht oder verstärkt wird“ (Kriterium des § 12 Abs 1 Z 2 KartG). Dementsprechend war eine Phase-II-Prüfung durch das Kartellgericht unumgänglich.
Das Gutachten des Gerichtssachverständigen bestätigte diese Auffassung: In jenen vier Märkten (Spielautomatenmärkte Ost-Österreich (Wien, Niederösterreich, Burgenland), Oberösterreich und Kärnten sowie dem Casinomarkt in Ostösterreich), in denen eine marktbeherrschende Stellung verstärkt wird, kommt es zu (aggregierten) Marktanteilen zwischen 68 % und 100 %.

Vorschläge für Auflagen

Die BWB hat bei der Prüfung des Zusammenschlusses und im gesamten gerichtlichen Verfahren, einen breiten Kreis an relevanten Faktoren in die Überlegungen miteinbezogen: Demgemäß wurden in den Auflagenvorschlägen der BWB neben den wettbewerblichen Aspekten im engeren Sinn auch effizienzsteigernde Änderungen hinsichtlich der Governance- und Eigentümerstrukturen der CASAG sowie Maßnahmen für einen verbesserten Spielerschutz vorgeschlagen. 

Die BWB hat sowohl im Zuge der Phase-I-Prüfung als auch im Verlauf des kartellgerichtlichen Verfahrens aktiv das Gespräch über Auflagen gesucht. Es fanden - neben der laufenden Kontaktnahme - insgesamt fünf umfassende Runden mit Gesprächen und dem Austausch von Dokumenten statt. Die BWB legte Vorschläge vor, die geeignet gewesen wären, die wettbewerblichen Bedenken auszuräumen - ohne den wirtschaftlichen Spielraum der Unternehmen ungebührlich einzuengen. Kern der letzten Kompromissvorschläge war die Überlegung, dass sich Novomatic/CASAG bei der Neuausschreibung der drei gesetzlich vorgesehen zusätzlichen Casino-Lizenzen nicht mehr beteiligt, wodurch insbes. im ostösterreichischen Casino- Spielautomatenmarkt zusätzliche Wettbewerbselemente hätten geschaffen werden können. Ein weiteres wichtiges Element war eine die Anzahl der VLTs (Video Lottery Terminals). Die wesentlichen Stakeholder wurden über den Stand der Auflagendiskussion informiert.

Obwohl - auf Vorschlag der BWB - eine allerletzte Gesprächsrunde sogar noch nach der gerichtlichen Tagsatzung stattfand, gelang es bedauerlicherweise nicht, ein mit Novomatic akkordiertes Auflagenpaket an das Kartellgericht heranzutragen.