Das "Research Network on Innovation and Competition Policy" führte am vergangenen Wochenende (30. und 31. Okt. 2009) seine 3. Jahres-konferenz durch. Die Tagung setzte sich das ehrgeizige Ziel einer generellen Bestandsaufnahme der industrieökonomischen Wissenschaft im Fachbereich Wettbewerb und Innovation. Geplant und geleitet wurde die Veranstaltung von Univ.Prof. Dr. Gerhard Clemenz und Univ.Prof. Dr. Klaus Gugler (Institut für Volkswirtschaftslehre der Universität Wien). Es war den beiden Professoren gelungen, hochrangige Vertreter ihres Fach-gebietes wie Prof. J. Harrington (Johns Hopkins University) und Prof. K. Stahl (Uni Mannheim, ZEW) als Vortragende zu gewinnen.
Panel "Competition Policy in (the) Crisis?"
Unter Leitung von Univ.Prof. Dr. Gerhard Clemenz stellten sich vier Panelisten der Frage, inwieweit sich die Wettbewerbspolitik in Zeiten einer wirtschaftlichen Krise neu orientieren müsse. Oder zugespitzt: Befindet sich etwa die Wettbewerbspolitik selbst in der Krise?
Mit Prof. Frank Verboven (Kath. Uni Löwen; Rede_ProfVerboven.pdf), Justus Haucap (Uni Düsseldorf, Monopolkommission; Rede_ProfHaucap.pdf), Prof. Dr. Gerhard Clemenz (Uni Wien, Leitung des Panels), Gen. Dir. Theodor Thanner (Bundeswettbewerbsbehörde; Rede_GDThanner.pdf) und Prof. Joseph Harrington (John Hopkins University; Rede_ProfHarrington.pdf) war das Panel hochrangig besetzt. (Siehe Foto unten, von links nach rechts.) Übereinstimmend waren diese Fachleute der Meinung, dass die Wett-bewerbspolitik in wirtschaftlichen Krisenzeiten wichtiger denn je sei, sich aber - unter kreativer Anwendung ihrer an sich bewährten Analysemethoden - gegen Widerstände im wirtschaftspolitischen Spektrum durch-setzen müsse.
Generaldirektor Dr. Thanner: Wettbewerbspolitik wichtiger denn je
Eingangs wies GD Dr. Thanner darauf hin, dass die Wettbewerbspolitik ein wichtiges Instrument ist, die Wirtschaft anzukurbeln. Die Bekämpfung der Kartelle geschieht derzeit, gerade in Österreich, effektiver denn je. Nichtsdestotrotz werde versucht, die Wett-bewerbspolitik in das zweite Glied zu drängen. GD Thanner bezeichnete dies - in Anlehnung an den genius loci, das alte AKH - als "dangerous drug", die den zukünftigen Wirtschaftsaufschwung hemmen könnte und rief die anwesenden Vertreter der Wirtschaftswissenschaft dazu auf, auch in der breiten Öffentlichkeit stärker über die positiven Wirkungen effekti-ven Wettbewerbs aufzuklären.
GD Thanner zeigte sich überzeugt, dass die Wettbewerbsbehörden durchaus imstande sind, auch in der Krise ihren Mann zu stehen. Zwei Voraussetzungen müssen allerdings gegeben sein:
1. Zum einen gilt es die internationale Kooperation zu intensivieren. Mit dem ECN (European Competition Network) für die übergeordnete gesamteuropäische Zusammenarbeit und dem "Marchfeld-Forum" für die regionale mitteleuropäische Abstimmung wurden die ent-sprechenden Rahmenbedingungen bereits geschaffen.
2. Eine etwas längere "to-do-list" gibt es noch in der Ausstattung der BWB, insbes. hinsichtlich ihrer rechtlichen Kompetenzen. GD Dr. Thanner wies darauf hin, dass eine einheitliche Wettbewerbsbehörde wesentlich effektiver und effizienter arbeiten würde als das derzeitige administrativ-judizielle Mischsystem. Sowohl die langjährige erfolg-reiche Praxis der Europäischen Kommission als auch jene des deutschen Bundeskartellamtes belegen dies. Diese beiden Beispiele zeigen auch, dass eine einheitliche Wettbewerbsbehörde keines-wegs zu Abstrichen bei Rechtssicherheit und Überprüfbarkeit durch Gerichte führt.