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Kartellgericht genehmigt Tiroler JV im Bereich Kanalreinigung/prüfung

Die Innsbrucker Kommunalbetriebe AG (IKB) und die DAKA Entsorgungsunternehmen GmbH & Co KG (DAKA) beabsichtigen, ein Gemeinschaftsunternehmen zu gründen, in welchem IKB und DAKA ihre Geschäftszweige "Kanalreinigung" bündeln. Die Muttergesellschaften werden sodann nicht mehr im Geschäftszweig des GU tätig sein. Das Gemeinschaftsunternehmen soll im Bereich Kanalreinigung, Kanalprüfung sowie Entleerung von Senkgruben, Öl- und Fettabscheidern aktiv sein. Der Zusammenschluss wurde am 6.8.2008 angemeldet (BWB/Z-781).

 

IKB ist als kommunales Versorgungsunternehmen u.a. im Bereich Kanal tätig, allerdings nur für das kommunale Kanalnetz in Innsbruck, nicht für Dritte. Die 100%ige Tochtergesellschaft Kanal Winkler GmbH ist hingegen auch für Dritte aktiv. DAKA ist ein Entsorgungsunternehmen, das in den Bereichen Kanalarbeiten tätig ist, jedoch auch in Abfallwirtschaft, Entsorgungssystemen, Müllabfuhr und Tankarbeiten.

Die Anmelder gingen von einem gemeinsamen Markt für Kanalreinigung, -prüfung und Nassentsorgung für den Raum Nordtirol, Osttirol, Salzburg und südliches Bayern aus. In diesem hätten sie relativ geringe Marktanteile.

Die BWB hat Auskunftsverlangen an die Anmelder geschickt sowie umfangreiche telefonische Befragungen der Konkurrenten in Nordtirol durchgeführt. Schließlich hat die BWB noch schriftliche Auskunftsverlangen an die größeren Konkurrenten in Nordtirol gesandt. Aus Zeitgründen konnten Kunden in den verschiedenen Kundengruppen (Gemeinde, Abwasserverband, Unternehmen, Private) und in unterschiedlichen Größen leider nicht befragt werden.

Da auch nach diesen Untersuchungen sowohl die sachliche Marktabgrenzung als auch die räumliche Marktabgrenzung und damit die Marktstellung der Anmelder strittig blieb, stellte die BWB einen Antrag auf vertiefte Prüfung vor dem Kartellgericht. Im Gegensatz zu den Anmeldern ging die BWB von jeweils separaten Märkten der Kanalreinigung, -prüfung und Nassentsorgung aus, u.a. da unterschiedliche Fahrzeuge verschieden große Radien abdecken können (die Fahrzeuge der Kanalprüfung sind kleiner und können daher kostendeckend sehr viel größere Radien abdecken) und sich auch die Kundschaft (Gemeinden vs. Industrie) unterscheidet. Weiters war die BWB von einem eigenen Nordtiroler Markt überzeugt, da fast ausschließlich dort die Aufträge lukriert wurden und ein Markteintritt nach Aussage der Konkurrenten eher schwierig schien. Lediglich für größere Aufträge, die die Stationierung von Fahrzeugen vor Ort ermöglichen, lohne es sich, auch weitere Strecken in Kauf zu nehmen. Unter diesen Annahmen kamen die Anmelder auf etwa 45 % Marktanteil. Wettbewerbsrechtliche bedenkliche Auswirkungen dieser starken Marktpositionen blieben jedenfalls nicht auszuschließen.

Der vom Kartellgericht bestellte Gutachter kam schließlich zum Ergebnis, dass der Zusammenschluss zu keiner Begründung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung führe und daher unproblematisch sei.

 

  • Im Bereich des sachlich relevanten Marktes ging er - in Einklang mit der BWB - davon aus, dass Kanalreinigung, -prüfung und Nassentsorgung getrennte Märkte darstellen: weder auf Nachfrager- noch aber auf Anbieterseite bestehe Substituierbarkeit. Anbieter benötigten unterschiedliche Fahrzeuge, Intervalle für Kanalreinigung (alle 3 Jahre) und -prüfung (alle 10 Jahre) wären verschieden, Ausschreibungen würden v.a. Kanalprüfung betreffen, die Kundengruppen seien unterschiedlich, die Bedeutung der Bereiche für das Unternehmen sei sehr unterschiedlich (der Hauptteil der Umsätze werde mit Kanalreinigung erzielt).
  • Den räumlich relevanten Markt grenzte er - anders als die BWB - mit Nordtirol, Salzburg und grenznahen Teilen Südbayerns ab. Es gebe keine Handelsschranken für grenzüberschreitende Anbote, die Transportkosten seien gering (max. 20 %, üblicherweise aber bei max. 10 %), eine starke Überlappung mit anderen, großen Wettbewerbern sei sowohl bei Annahme eines Einzugsgebiets von 50 km (für kleine Aufträge) als auch 150 km (für große Aufträge) gegeben, Ausschreibungen in Nordtirol wurden in der Vergangenheit auch wiederholt von Unternehmen außerhalb von Nordtirol gewonnen. Der Gutachter geht daher von einer Kettensubstitution aus, die die oben genannten Gebiete umfasst. Vorarlberg, Osttirol und Südtirol wären hingegen aufgrund der geografischen Gegebenheiten nicht in ähnlichem Maße bedienbar, Preisinterdependenzen lägen daher nicht vor, sodass diese getrennte Märkten darstellen würden. Bei Annahme eines Marktes von Nordtirol, Salzburg und Teilen Südbayerns sei der Marktanteil weit unter der Vermutungsschwelle von 30 %.
  • Die Kunden seien darüber hinaus äußerst preisbewusst und auch Gemeinden würden daher eine hohe Wechselbereitschaft mitbringen, Markteintrittsschranken lägen nicht vor (so hätten auch in den letzten Jahren Markteintritte stattgefunden, etwa von AVE/WDL und Alpe Kanal).
  • Aus all diesen Gründen sei nicht davon auszugehen, dass die Anmelder nach dem Zusammenschluss keinem oder nur unwesentlichem Wettbewerb ausgesetzt seien.

 

Das Kartellgericht folgte dem Gutachten und hat daher den Zusammenschluss am 12.1.2009 nicht untersagt. Die BWB ist von der Argumentation des Gutachters zum räumlich relevanten Markt, insbesondere der angenommenen Kettensubstitution, nicht überzeugt. Aufgrund der übrigen Erhebungen, insbesondere der Tatsache, dass Markteintritte in den letzten Jahren möglich waren, Kunden tatsächlich sehr preisbewusst und daher wechselfreudig sind und der Tatsache, dass sich gegenüber dem Gutachter weder Kunden noch Konkurrenten vom Zusammenschluss besorgt zeigten, war die BWB mit dem Ergebnis der Untersuchungen einverstanden. Die BWB hat daher keinen Rekurs erhoben. Der Beschluss wurde somit am 16.2.2009 rechtskräftig.