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Kooperation durch Unternehmen zur Bewältigung der Krise wettbewerbsrechtlich möglich: Gemeinsame Erklärung des Europäischen Netzwerks der Wettbewerbsbehörden (ECN) zur Anwendung des Wettbewerbsrechts im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine

In einer am 21. März 2022 veröffentlichten gemeinsamen Erklärung (siehe Anhang) schließt sich das ECN, dem die BWB angehört, der Erklärung des Europäischen Rates vom 24. Februar 2022 an, um die beispiellose militärische Aggression Russlands gegen die Ukraine auf das Schärfste zu verurteilen und gleichzeitig der Ukraine und ihrem Volk seinen festen Beistand auszudrücken.

Mit Bezug auf die wirtschaftlichen Auswirkungen wird auf die bereits in der gemeinsamen Erklärung des ECN zur Anwendung des Wettbewerbsrechts während der Covid-19 Krise enthaltenen Grundsätze verwiesen (https://www.bwb.gv.at/news/news-2020/detail/corona-covid-19-und-die-auswirkungen-auf-das-wettbewerbsrecht-in-oesterreich). Insbesondere wird festgehalten, dass die verschiedenen Wettbewerbsinstrumente der EU und des EWR über Mechanismen verfügen, Markt- und Wirtschaftsentwicklungen angemessen zu berücksichtigen. Am grundsätzlichen Ziel, gleiche Wettbewerbsbedingungen für die Unternehmen sicherzustellen, soll natürlich auch in Krisenzeiten festgehalten werden.

Diese außergewöhnliche Situation kann dazu führen, dass Unternehmen schwerwiegenden Beeinträchtigungen im Gefolge des Krieges ggf auch nur durch Kooperationen etwa in Bezug auf

(i) die Sicherstellung des Einkaufs, der Versorgung und einer fairen Verteilung knapper Güter

(ii) die Abfederung schwerwiegender wirtschaftlicher Folgen (wie auch den aus den EU-Sanktionen resultierenden)

bewältigen.

Derartige Kooperationen, welche auf die Abmilderung der genannten Effekte limitiert sind, werden unter den derzeitigen Umständen vielfach zu keiner Einschränkung des Wettbewerbs führen oder aber auch Effizienzen hervorrufen, welche die negativen Effekte wettbewerbsrechtlich überwiegen. Ganz allgemein beabsichtigt das ECN daher kein aktives Vorgehen gegen strikt notwendige und vorübergehende Maßnahmen, die speziell darauf abzielen, die oben genannten schwerwiegenden Störungen aufgrund der Auswirkungen des Krieges und/oder der Sanktionen im Binnenmarkt zu vermeiden.

Haben Unternehmen im Gefolge einer Selbsteinschätzung Zweifel an der Vereinbarkeit solcher Kooperationen mit dem EU/EWR-Wettbewerbsrecht, können sie sich jederzeit an die europäischen oder die betreffenden nationalen Wettbewerbsbehörden wenden und um informelle Beratung bitten.

In diesem Zusammenhang verweist die BWB auf ihre Kompetenz gem § 2 Abs 5 WettbG Unternehmen zu geplanten Vorhaben eine wettbewerbliche Einschätzung zur Verfügung zu stellen.

Jedenfalls muss sichergestellt sein, dass lebenswichtige Produkte (z. B. Energie, Lebensmittel, Rohstoffe) weiterhin zu wettbewerbsfähigen Preisen erhältlich sind und dass die derzeitige Krise nicht dazu genutzt wird, gleiche Wettbewerbsbedingungen für die Unternehmen zu untergraben.

Das ECN wird daher insb verstärkt gegen Unternehmen vorgehen, die diese Situation ausnutzen, indem sie Kartelle bilden oder ihre marktbeherrschende Stellung missbrauchen.