Antrag auf Verhängung einer Geldbuße gegen SWIETELSKY
Im Rahmen der Ermittlungen in der österreichischen Bauwirtschaft wird die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) noch in diesem Jahr einen weiteren Antrag auf Verhängung einer Geldbuße stellen. Konkret richtet sich der Antrag auf Verhängung einer Geldbuße in Höhe von EUR 27,15 Millionen gegen die SWIETELSKY AG und zwei Tochterunternehmen (im Weiteren „SWIETELSKY“).
SWIETELSKY trat zeitnah nach den ersten Ermittlungshandlungen im Sommer 2017 an die BWB heran und kooperierte in der Folge als zweites österreichisches Bauunternehmen kontinuierlich und umfassend im Rahmen des Kronzeugenprogrammes, wodurch die Aufarbeitung des komplexen und umfangreichen Sachverhaltes auch hinsichtlich zahlreicher weiterer Unternehmen der Baubranche wesentlich erleichtert und beschleunigt werden konnte. Insbesondere führte SWIETELSKY eine Vielzahl an unternehmensinternen Befragungen von Mitarbeitern durch und unterzog neu aufkommende Sachverhalts- und Verdachtsmomente einer umfassenden unternehmensinternen Prüfung, deren Ergebnisse der BWB zeitnahe übermittelt wurden. Zudem führte SWIETELSKY ein zertifiziertes Compliance-System ein, um zukünftige Zuwiderhandlungen gegen das Kartellverbot nachhaltig hintanzuhalten.
SWIETELSKY hat im Rahmen der Kooperation mit der BWB, unter Einbindung des Bundeskartellanwalts, zusätzlich ein umfassendes Anerkenntnis für das kartellgerichtliche Verfahren abgegeben. Diese Umstände waren bei der Bemessung der Geldbuße als mindernd zu berücksichtigen.
„Mit diesem Ergebnis ist ein weiterer Meilenstein in der Aufarbeitung des größten in Österreich jemals aufgedeckten Kartells erreicht“, so die interimistische Generaldirektorin Dr. Natalie Harsdorf-Borsch.
Hintergrund
Im Frühjahr 2017 hat die BWB im Rahmen ihrer Ermittlungen zu möglichen Absprachen in der Bauwirtschaft gemeinsam mit der WKStA Hausdurchsuchungen durchgeführt und dabei umfangreiches Datenmaterial sichergestellt. Das aufgedeckte Kartell betrifft den Wirtschaftszweig der Bauwirtschaft bzw das Baugewerbe, wobei nahezu sämtliche Sparten im Bereich Hoch- und Tiefbau, insbesondere schwerpunktmäßig der Bereich Straßenbau, umfasst waren.
Die Zuwiderhandlung betrifft das gesamte österreichische Bundesgebiet, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß je nach beteiligtem Unternehmen. Betroffen sind insbesondere zahlreiche öffentliche aber auch private Auftraggeber. Es handelt sich um eine große Anzahl an Bauvorhaben, gegen die Mehrzahl der mutmaßlich beteiligten Unternehmen laufen die Ermittlungen der BWB noch. SWIETELSKY hat die Beteiligung an diesem Verstoß im Zeitraum von Juli 2002 bis Oktober 2017 mit über dreißig anderen Unternehmen anerkannt.
Im Rahmen des Kartells wurden zwischen den beteiligten Unternehmen Absprachen mit dem Zweck getroffen, den Wettbewerb zu minimieren oder auszuschließen, um sich gegenseitig zur Erteilung von Aufträgen zu verhelfen und so Marktanteile zu sichern. Um dieses gemeinsame Ziel zu erreichen, kam es zu Preisabsprachen, Marktaufteilungen, den Austausch wettbewerbssensibler Informationen, wie etwa Abstimmungen über zukünftiges Verhalten bei Angebotsabgaben, sowie zur Bildung kartellrechtswidriger Arbeits- und Bietergemeinschaften.
Unter anderem wurden etwa der abzugebende Preis und die Abgabe von „Deckangeboten“ (auch als „Fahne“ bezeichnet) vereinbart bzw. den Umstand, dass bestimmte Mitbewerber überhaupt kein Angebot legen sollten und einigten sich Mitbewerber auf jenes Unternehmen, das die jeweilige Ausschreibung gewinnen sollte. Derartige Deckangebote wurden dabei sowohl im Rahmen von Gesprächsrunden unter den Mitbewerbern als auch in Form bilateraler Kontakte abgestimmt. Die Verteilung erfolgte teilweise auch nach einem fixen Schlüssel, der auf historisch gewachsenen Marktanteilen basierte und sich in der Anzahl an Bauvorhaben, für die ein Unternehmen den Zuschlag erhalten soll, reflektierte.
Je nach Ausprägung der konkreten kartellrechtswidrigen Zuwiderhandlung wurden auch Gegenleistungen für das Zurückstehen verlangt, die in Form von Arbeitsabtausch, Subaufträgen, der Lieferung oder Abnahme von Leistungen unter bevorzugten Konditionen etc. bestand. Anstelle dieser Ausgleichsmaßnahmen oder diese begleitend wurden durch Mitbewerber teilweise auch Punkte vergeben („Punktesystem“), die als eine Art „Guthaben“ bzw. „Verbindlichkeit“ durch die beschriebenen Gegenleistungen ausgeglichen wurden. Zudem kam es auch vor, dass sich Mitbewerber im Vorfeld von Angebotsabgaben ihre Kalkulationsgrundlagen gegenseitig offenlegten („interne Submission“), um sich auf einen Auftragsempfänger zu einigen.
Geldbußen nach dem Kartellgesetz
Nach dem Kartellgesetz sind Handlungsweisen verboten, die den Wettbewerb behindern oder verfälschen. Dazu zählen etwa Preisabsprachen oder die Aufteilung von Märkten bzw. Gebieten. Bei einem festgestellten Verstoß kann das Kartellgericht auf Antrag der BWB Geldbußen bis zu 10% des im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes verhängen. Die Geldbußen werden unter Berücksichtigung der Schwere und Dauer der Rechtsverletzung, des Verschuldens und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und der Kooperation des betroffenen Unternehmens bemessen.