BWB/K-166 Installateure

Mit Beschluss vom 13.7.2012 zu 27 Kt 20, 21/09 wies das Kartellgericht die Feststellungs- bzw Geldbußenanträge der BWB wegen eines mutmaßlichen Kartells im Bereich der Gas-/ Wasser-/Heizungsinstallationen ab.

Hintergrund des Verfahrens war eine im Jahr 2007 durchgeführte Ausschreibung der Stadt Wien-Wiener Wohnen zur Vergabe eines dreijährigen Rahmenvertrages (mit Verlängerungsoption für weitere drei Jahre) für Gas-, Wasser- und Heizungsinstallationen in den von Wiener Wohnen verwalteten Wohnhäusern. Der Vertrag hatte einen geschätzten Gesamtwert von knapp 200 Mio € (für drei Jahre). Entsprechend der administrativen Gliederung von Wiener Wohnen (48 Gebietseinheiten [GE], die in neun Kundendienstzentren [KD] organisiert sind) waren insgesamt 48 Lose zu vergeben.

Im Gefolge der Angebotsöffnung und Zuschlagserteilung meldeten sich im Jahr 2008 bei der BWB zwei an der Ausschreibung beteiligte (nicht zum Zug gekommene) Unternehmen, wobei eines dieser Unternehmen (das selbst an einer Absprache beteiligt war) um Kronzeugenstatus ansuchte. Diese Unternehmen teilten der BWB ihre Wahrnehmungen mit. Zusammenfassend haben demnach im Wesentlichen die bisherigen Auftragnehmer von Wiener Wohnen eine Absprache zur gebietsweisen Aufteilung des Gesamtauftrages sowie über die zu gewährenden Preisnachlässe (auf die in der Ausschreibung vorgegebenen Bezugspreise) getroffen.

Diese Behauptungen wurden durch Auffälligkeiten im Vergabeverfahren sowie das bemerkenswerte Ergebnis der Vergabe gestützt: Es hatten sich neun Arbeitsgemeinschaften (ARGEn) aus insgesamt rund 50 Unternehmen gebildet, die jeweils für sämtliche GEn eines KD geboten haben. Dabei ergänzten sich die Angebote in der Weise, dass es zu keinen Überschneidungen der Angebote kam, aber auch keine GE freiblieb. Letztendlich wurden 45 der 48 GE an die jeweiligen  ARGEn zugeschlagen, zwei weitere GE an ein Unternehmen, das neben seiner Beteiligung an zwei ARGEn auch als Einzelbieter in anderen GE auftrat sowie eine GE an einen Einzelbieter, der aber mutmaßlich in die Vereinbarungen eingebunden war.

Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens und Aufarbeitung der umfangreichen Unterlagen, stellte die BWB am 18. Juni 2009 Anträge auf Feststellung bzw Verhängung von Geldbußen.

Das Kartellgericht beauftragte ein Sachverständigengutachten zur Abgrenzung des relevanten Marktes und Berechnung der Marktanteile der mutmaßlichen Kartellbeteiligten. Dieses Gutachten wurde im März 2011 (mit Ergänzungen von September 2011 bzw Jänner 2012) erstattet. 

Kartellgericht sieht in dem Kartell eine Bagatelle 

Gestützt auf die Ergebnisse dieses Gutachtens sah es das Kartellgericht nunmehr als erwiesen an, dass ein allfälliges Kartell nicht die Bagatellgrenzen des § 2 Abs 2 Z 1 KartG überschreite. Die Offenheit des Verfahrens und die Unsicherheit über die Beteiligung weiterer potenzieller Anbieter sei gewährleistet gewesen, weswegen die Antragsgegner mit der Teilnahme weiterer potenzieller Konkurrenten rechnen mussten. Der sachlich relevante Markt umfasse die im Wohnbau (Bestand) erzielten Umsätze aller Installationsunternehmen. Räumlich sei der Markt mit einem Gebiet abzugrenzen, von dem aus binnen einer Autostunde das Zentrum Wiens erreicht werden kann. Auf einem derartigen Markt existierten bis zu 1800 potentielle Konkurrenten.

BWB lieferte umfangreiche Argumentation gegen das Gerichtsgutachten

Die BWB hat im erstgerichtlichen Verfahren zahlreiche Annahmen, Feststellungen und Schlussfolgerungen des Gutachtens bekämpft. Insbesondere wurde nach Ansicht der BWB der von anderen Unternehmen ausgehende Wettbewerbsdruck - nicht zuletzt vor dem Hintergrund strenger und spezifischer Eignungskriterien (insb Referenzen) überschätzt, weswegen zu Unrecht vom Vorliegen eines Bagatellkartells ausgegangen wurde. Dies äußert sich nicht zuletzt in dem Faktum, dass außer den mutmaßlich an den Absprachen beteiligten Unternehmen lediglich drei weitere Unternehmen (erfolglos) tatsächlich Angebote gelegt haben.

Derzeit prüft die BWB die Möglichkeiten und Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels an den Obersten Gerichtshof als Kartellobergericht (KOG). Dies vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des KOG, wonach dieses ausschließlich als Rechtsinstanz tätig wird und nicht zur Überprüfung der Beweiswürdigung berufen ist.

Anmerkung:

Wohl zutreffend ist das Kartellgericht davon ausgegangen, dass das Gemeinschaftsrecht (Art 101 AEUV), welches - anders als das österreichische Kartellgesetz - keine Bagatellschwelle für Kernbeschränkungen kennt, mangels Zwischenstaatlichkeit in diesem Fall nicht anwendbar ist.

Derzeit befindet sich der Entwurf einer "Kartellgesetz-Novelle 2012" in Behandlung. Unter anderem werden darin Kernbeschränkungen vom Anwendungsbereich der Bagatellregelung ausgenommen.