BWB/K-150 Speditionskartell

Die von der BWB ermittelten mutmaßlichen Kartellabsprachen in der Speditionsbranche sind nach Auffassung der BWB schwere Verstöße gegen EU-Kartellrecht. Die BWB hat äußerst umfangreiche Unterlagen  an das Kartellgericht übermittelt und Bußgelder gegen die Betroffenen beantragt.

Nachdem über die von der BWB aufgedeckten  mutmaßlichen Kartellabsprachen im Speditionsbereich verschiedentliche Behauptungen getätigt wurden, wird Folgendes klar gestellt (vgl auch die Meldung der BWB vom 18.3.2010).

Zwei Kartellvorwürfe im Speditionsbereich

Es gibt im Speditionsbereich zwei mutmaßliche Kartelle:

  1. Preisabsprachen und Kundenaufteilungen durch die SSK-Rahmenübereinkunft (ab 1994).
  2. Zudem kooperierte die SSK seit 1999 mit einem Schienenspediteur bei der gemeinsamen Tarifgestaltung (Preisabsprache).

Beide mutmaßlichen Absprachen verstoßen nach Auffassung der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) gegen EG-Kartellrecht. Das Verfahren wurde durch die Kronzeugenaussagen eines der involvierten Speditionsunternehmen eingeleitet. Dieser Kronzeuge hat gegenüber der Bundeswettbewerbsbehörde seit 2007 umfangreiche Informationen und Beweismittel über die Kartellabsprachen offengelegt. Die äußerst umfangreichen Beweismittel wurden von der BWB Ende Februar 2010 dem Kartellgericht vorgelegt. Gleichzeitig beantragte die BWB, außer gegen den Kronzeugen, die Verhängung von Bußgeldern. 
 

SSK-Rahmenübereinkunft (1. Kartellvorwurf)

  • Eine Genehmigung dieses Kartelles hat es nie gegeben.
  • Bereits 1994, also vor EU-Beitritt, hat die SSK die Genehmigung "wegen volkswirtschaftlicher Rechtfertigung" der Rahmenübereinkunft (Preisabsprachen und Kundenaufteilung) beim Kartellgericht versucht. In diesem Verfahren hat der Paritätische Kartellausschuss in seinem Gutachten die SSK-Rahmenübereinkunft  als äußerst bedenklich eingestuft. Daraufhin hat die SSK ihren Antrag zurückgezogen, weil eine Ablehnung der Genehmigung durch das Kartellgericht drohte.
  • Mangels kartellgerichtlicher Genehmigung hat die SSK dann 1995, also nach dem Beitritt zur EU, die Rahmenübereinkunft beim Kartellgericht als Bagatellkartell angemeldet.
  • Das Europäische Kartellverbot kennt jedoch im Gegensatz zum österreichen Kartellrecht für Hardcore-Kartelle (wie z.B. Preisregulierungen und Kundenasprachen) keinerlei (Bagatell)Ausnahmen.
  • Gemäß fundamentalen Grundsätzen des EG-Rechts hat das Europäische Kartellverbot stets Vorrang gegenüber nationalem Kartellrecht. Dieser Vorrang des Gemeinschaftsrechts gilt insbesondere auch für einzelstaatliche Kartellausnahmen ("Bagatellkartelle").
  • Unternehmen haben dafür Sorge zu tragen, dass ihr Verhalten EG-Rechtskonform ist.

Kooperation der SSK mit einem großen Schienenspediteur (2. Kartellvorwurf)

  • Gegenstand dieses zweiten mutmaßlichen Kartells (seit 1999) waren Preiskoordinierungen zwischen einem Schienenspediteur, der nicht Mitglied der SSK war, und  der SSK. Diese Preisabstimmungen wurden ebenfalls in regelmäßigen und intensiven Zusammenkünften getroffen.
  • Diese waren zu keinem Zeitpunkt Gegenstand eines kartellgerichtlichen Verfahrens.

Bußgelder beantragt

  • In beiden Fällen hat die BWB Ende Februar 2010 beim Kartellgericht Bußgelder gegen die involvierten Speditionsunternehmen (außer gegen das Unternehmen, das als Kronzeuge ausgesagt hat) beantragt - zunächst in noch unbestimmter Höhe. Die genaue Höhe der Bußgelder wird erst am Ende des kartellgerichtlichen Verfahrens bestimmt und beantragt werden.
  • Preisabsprachen und Kundenabstimmungen zählen zu den schwersten Verstößen gegen EG-Kartellrecht ("Hardcore-Kartelle"), die deshalb regelmäßig von der Europäischen und den nationalen Wettbewerbsbehörden mit hohen Bußgeldern geahndet werden.
  • Ob Kartelle geheim oder öffentlich durchgeführt werden, hat weder auf ihre Rechtswidrigkeit noch auf ihre volkswirtschaftliche Schädlichkeit Einfluss.