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41. Competition Talk der BWB zum Thema „Schiedsgerichtsbarkeit und Wettbewerb“

Der 41. Competition Talk fand am 18.12.2018 zum Thema „Schiedsgerichtsbarkeit und Wettbewerb“ statt. Dr. Theodor Taurer (WKÖ), Mag. Alexandra Ivanova (BWB) und Dr. Johannes P. Willheim (Jones Day) gaben einen Einblick in die Schiedsgerichtsbarkeit aus Sicht des Wettbewerbs- und Kartellrechts. Generaldirektor Dr. Theodor Thanner eröffnete den Competition Talk und führte als Moderator durch die Veranstaltung.

Eröffnung durch GD Dr. Theodor Thanner

Dr. Thanner, Generaldirektor der BWB, begrüßte die Gäste und stellte die drei Speaker vor. Er gab einen Rückblick über das Jahr 2018 und den insgesamt 7 Competition Talks, an denen insgesamt 250 Gäste teilgenommen und 20 Speaker gesprochen haben.

Vortrag von Dr. Theodor Taurer

Theodor Taurer stellte zu Beginn seines Vortrages das Vienna International Arbitration Center vor und führte einige Merkmale der Schiedsgerichtsbarkeit aus. Demnach basiert das Schiedsverfahren auf einer Vereinbarung zwischen privaten Parteien, welche den Weg über die staatlichen Gerichte ausschließt. Der Schiedsspruch erledigt den Rechtsstreit zwischen den Parteien endgültig. Staatlichen Gerichten kommen nur eingeschränkte Hilfs- oder Überwachungsfunktionen zu. Das Kartellrecht hingegen ist ein umfassendes Ordnungsrecht, welches den funktionierenden Wettbewerb vor Eingriffen schützt. Schiedsgerichte sind zwar keine Gerichte eines Mitgliedstaates, allerdings haben sie ebenso die Art 101 und 102 AEUV anzuwenden. Schiedsrichter sind demnach gut damit beraten das gesamte Kartellrecht anzuwenden.

Vortrag von Mag. Alexandra Ivanova

Alexandra Ivanova erklärte in ihrem Vortrag das Zusammenspiel zwischen Wettbewerbsbehörden und Schiedsgerichten und die Entwicklung desselben. In der schiedsrechtlichen Literatur wird häufig vertreten, dass die wichtigsten kartellrechtlichen Fälle nicht vor staatlichen Gerichten, sondern vor privaten Schiedsgerichten ausgetragen werden.

Zur Veranschaulichung führt sie einige Beispiele an, wie kartellrechtliche Sachverhalte in Schiedsverfahren aussehen können. Es stellt sich allerdings auch die Frage, wie Schiedsgerichte an die Beurteilung einer kartellrechtlichen Problematik herangehen. Für die nationalen Gerichte gibt es im Hinblick auf die Zusammenarbeit mit der Kommission viele detaillierte Regelungen, in denen die Schiedsgerichtsbarkeit allerdings nicht erwähnt wird. Nichtsdestotrotz scheint ein Dialog zwischen Schiedsgerichten und Wettbewerbsbehörden nicht völlig ausgeschlossen zu sein, wie dies auch einige Beispiele aus der Vergangenheit zeigen.

Die Vortragende weist schließlich auch auf die Rolle der Schiedsgerichte in der EU Fusionskontrolle hin. Darüber hinaus wurde in der Schweiz in einem einzigen Fall ein Schiedsgericht von der Wettbewerbskommission („WEKO“) behördlich eingesetzt.

Vortrag von Dr. Johannes P. Willheim

Johannes Willheim erklärt zu Beginn seines Vortrages, weshalb das Thema Schiedsgerichtsbarkeit und Kartellrecht mehr und mehr in den Fokus rückt. Das akademische Interesse daran ist enorm - das zeigen nicht zuletzt die vielen Publikationen auf diesem Gebiet. Auch sind die wesentlichsten kommerziellen Transaktionen kartellrechtlich geprägt. Daher kommt die Beurteilung kartellrechtlicher Fragen in der Schiedsgerichtsbarkeit regelmäßig vor. Der Anwendungspraxis fehlt es allerdings noch am Bewusstsein dafür, wie viele kartellrechtliche Themen überhaupt Gegenstand einer Schiedsvereinbarung sein können.

Der Vortragende fährt anschließend mit den typischen Anwendungsfällen von Kartellrecht in Schiedsverfahren fort. Dazu gehört zum einen die klassische euro-defense, also die Weigerung vertragliche Vereinbarungen zu erfüllen durch Berufung darauf, dass die gegenständliche Vereinbarung österreichisches oder europäisches Kartellrecht verletzt. In der Praxis oft vorkommend ist zum anderen die Geltendmachung von Vertragsanpassungsansprüchen im Zusammenhang mit Kartellrechtsverstößen, zum Beispiel im Fall von Marktmachtmissbrauch, wo die kartellrechtliche Nichtigkeit nicht die zwingende Rechtsfolge ist, sondern eine Vertragsanpassung (Preisanpassung, Streichung kartellrechtwidriger Klauseln) erzielt werden kann. Weitere Anwendungsbeispiele sind die Fusionskontrolle und der kartellrechtliche Einwand des verbotenen Informationsaustausches im Zusammenhang mit document production requests in Schiedsverfahren.

Zu den wesentlichsten Vorteilen der Schiedsgerichtsbarkeit zählen die Wahl der Schiedsrichter, die weitreichenden Möglichkeiten im Beweisverfahren und die Flexibilität des Verfahrens. Vertraulichkeit gilt nur dann, wenn sie ausdrücklich vereinbart wurde. Die Vertraulichkeit ist allerdings von der Nichtöffentlichkeit zu unterscheiden. Aus Sicht von Johannes Willheim sind Schiedsverfahren ein ideales Forum, um kartellrechtliche Streitigkeiten zu lösen.

 

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