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26. Competition Talk der BWB „Good Governance und Wettbewerb"

Am 24. Oktober 2016 fand in den Räumlichkeiten des Hotels Stefanie der 26. Competition Talk der BWB statt. Referent zum Thema „Good Governance und Wettbewerb" war Volksanwalt Dr. Peter Fichtenbauer.

"Good Governance und Wettbewerb"

Einleitung - Der Begriff der Good Governance

Generaldirektor Dr. Theodor Thanner erläuterte einleitend den Begriff der „Good Governance", der übersetzt etwa gute Regierungsführung bedeutet und Ende der achtziger Jahre in der Folge von Strukturanpassungsprogrammen von IWF und Weltbank entstand. Zu seinen wesentlichen Prinzipien zählen insbesondere Transparenz, Partizipation, Rechtstaatlichkeit und Marktwirtschaft. Der Begriff beinhaltet auch ein neues Verständnis von Regierung und Verwaltung, der auch zivilgesellschaftliche Institutionen und Religionsgemeinschaften umfasst. Seine Schnittmenge mit dem Wettbewerb lässt sich u.a. am Dokument „Competition and Corporate Governance" der OECD aus dem Jahr 2010 ablesen. Good Governance soll für jede Regierungsinstitution selbstverständlich sein.

Impulsreferat von Volksanwalt Dr. Peter Fichtenbauer

Volksanwalt Dr. Peter Fichtenbauer stellte die rechtspraktische Verwendbarkeit des - eher vagen - Begriffs des „Rechts auf eine gute Verwaltung ins Zentrum seines Referats", der auch Eingang in die Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) gefunden hat.

Gemäß Art 41 Abs 1 GRC hat jede Person ein Recht darauf, dass ihre Angelegenheiten von den Organen und Einrichtungen der Union unparteiisch, gerecht und innerhalb einer angemessenen Frist behandelt werden; Abs 2 enthält eine demonstrative Aufzählung von Verfahrensrechten. Wenngleich der Mehrwert dieser Bestimmung für Österreich gering erscheinen mag - die Kodifikation großer Bereiche des Verwaltungsverfahrensrechts erfolgte hier 1926 -, so hat sie doch Signalwirkung und leistet einen Beitrag zu Rechtssicherheit und -klarheit. Ihre allgemeine Formulierung gibt auf alle Fälle der Rechtsfortbildung durch die Judikatur Raum.

Art 41 erscheint jedenfalls interessant, um Missstände daran festzumachen. Obwohl er sich seinem Wortlaut nach nur auf Organe und Einrichtungen der Union bezieht, gewinnen er und die GRC insgesamt aufgrund der Rechtsprechung des EuGH auch Bedeutung für die österreichische Verwaltung im Zusammenhang mit der Durchführung des Unionsrechts bzw. in dessen Anwendungsbereich. Davon sind weite Bereiche der nationalen Rechtsordnungen betroffen. So hat etwa der EuGH in der Rechtssache Akerberg/Fransson, in dem es um die Geltung des Grundsatzes „ne bis in idem" (Art 50 GRC) im schwedischen Finanzstrafrecht ging, die Anwendbarkeit der GRC bejaht.

Art 41 Abs 2 GRC sieht das Recht einer jeden Person vor, gehört zu werden, bevor ihr gegenüber eine nachteilige individuelle Maßnahme getroffen wird. Da aber nach den jeweiligen Materiengesetzen nicht automatisch jeder Person, die nachteilige Auswirkungen von Verwaltungshandeln zu gewärtigen hat, Parteienstellung im Verwaltungsverfahren zukommt, könnte diese Bestimmung für Österreich noch bedeutsam werden, wenngleich bislang noch keine Judikatur dazu existiert. Der VfGH hat in einem Erkenntnis zum Asylverfahren, in dem er die Verfassungsmäßigkeit der Beschränkung von Parteienrechten zu beurteilen hatte, die Rechte der GRC als Prüfungsmaßstab anerkannt und Art 41 GRC als Ergänzung der schon bisher von ihm angewendeten Grundsätze angesehen. Ansonsten ist die Bedeutung in der Rechtsprechung bisher gering.

Gerade für Ombudseinrichtungen wie die Volksanwaltschaft ist Art 41 mit seinem Potential zur Weiterentwicklung der Rechtsprechung von Interesse, weil diese bemüht sind, über rechtliche Verpflichtungen im Einzelfall hinaus nach Verbesserungen für die Verwaltungspraxis zu suchen.

Auf europäischer Ebene sind weiters die Kodizes für gute Verwaltungspraxis des Europäischen Bürgerbeauftragten und der Europäischen Kommission von Bedeutung. Letzterer stellt eine Art interner Weisung für den Verwaltungsdienst dar. Neben Verweisen auf rechtliche Vorgaben enthalten sie auch Postulate wie „Objektivität", „Fairness" und „Höflichkeit". Verstöße können iSd Art 228 Abs 1 AEUV vom Bürgerbeauftragten releviert werden.

Die Volksanwaltschaft geht in ihrer Tätigkeit von einem weiten Missstandsbegriff aus, der nicht nur Rechtswidrigkeiten sondern auch sonstige Fehlleistungen erfasst. Sie kann einer Behörde zwar nicht empfehlen, gegen gesetzliche Bestimmungen zu verstoßen, sehr wohl kann sie aber auf eine Änderung von Gesetzen dringen oder das Verhalten eines Beamten beanstanden. Soweit ein Ermessensspielraum gegeben ist, kann auch die Wahl einer legalen Alternative geboten sein.

Im Bereich der Legistik hat die Volksanwaltschaft beispielsweise auf Schwierigkeiten bei der Fristberechnung im Rahmen der Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit hingewiesen oder erreicht, dass eine Rechtsgrundlage dafür geschaffen wurde, dass rechtswidrige aber bereits rechtskräftige Verwaltungsstrafen zurückgezahlt werden können. Auf ihre Initiative wurde außerdem für Personen, die von den Behörden über Jahre irrtümlich als Österreicher behandelt wurden (zB Ausstellung von Reisepässen, Leistung des Wehrdienstes), ein vereinfachter Einbürgerungstatbestand geschaffen wurde.

Was die Tätigkeit der BWB betrifft, so Volksanwalt Dr. Fichtenbauer, kann abschließend festgestellt werden, dass keine Beschwerden an die Volksanwaltschaft herangetragen wurden.

Nach einer Diskussionsrunde bedankte sich GD Dr. Thanner bei Volksanwalt Dr. Fichtenbauer und verabschiedete sich bei den Gästen.

Ausblick

Der nächste Competition Talk der BWB findet am 21.11.2016 zum Thema "Kartell-Schadenersatzrichtlinie" statt.