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18. Competition Talk of the BWB on 1.9.2015

Impulsreferate
I.

Der Erstredner, Präsident Andreas Mundt, führte aus, dass die GWB-Novelle drei Kernregelungsbereiche ins Auge fasst: Die Konzernhaftung im Kartellrecht, die Umsetzung der EU-Schadenersatzrichtlinie sowie die Fortentwicklung eines Rechtsrahmens für die Digitale Wirtschaft. 

Präsident Mundt schilderte daraufhin einige interessante Fälle aus der Praxis. Er begann mit dem sogenannten "Wurstfall" aus Deutschland, welcher eine hohe Geldbuße für das Unternehmen nach sich zog. Durch Umstrukturierung des Konzerns sollte aber ein Entzug von Strafen nicht möglich sein. Hier sei Rechtsicherheit für die Zukunft notwendig.  Die Schadenersatzrichtlinie spielt auch in Deutschland eine große Rolle. Präsident Mundt wies hierbei auf das Zuckerkartell hin, bei dem es ein sehr hohes Bußgeld gab. Seiner Meinung nach wird Schadenersatz hier ein großes Thema sein, da er in dieser Sache eine Schadenersatzwelle auf die Kartellanten zukommen sieht.

Die Weiterentwicklung des Ordnungsrahmens der Digitalen Wirtschaft war Präsident Mundt ebenso ein großes Anliegen. So erläuterte er, dass die Monopolkommission ausgesprochen hat, dass die Fusionskontrolle (durch ein neues Aufgriffskriterium) und auch die Anmeldepflicht erweitert werden soll. Weiters ging Präsident Mundt auf den politischen Wunsch ein, Kooperationen von Presseverlagen zu erleichtern. Eine solche Erleichterung ist jedoch aus seiner Sicht nicht notwendig, da weder das Bundeskartellamt noch die Kartellämter der Länder bis dato jemals eine Untersagung getroffen haben.

Beim derzeit ebenfalls aktuellen Fall Asics gab Präsident Mundt zu bedenken, dass dieser heute anders gelagert sei als noch im Jahr 2010. Heute verfüge jeder Unternehmer über Online-Shops und einen dementsprechenden Online-Vertrieb.

Ebenso beleuchtete er die derzeitig stattfindende Diskussion betreffend Plattformen. Demnach sei es nicht einfach harmonisierte Ergebnisse in Europa zu finden. Etliche nationale Wettbewerbsbehörden waren mit diesen Fällen konfrontiert. Es gäbe hier nur zwei Wege: Marktverständnis zu entwickeln und Fälle zu behandeln, nach dem Motto "learning by doing".

Zuletzt führte Präsident Mundt am Fall Immowelt und Immonet (beide jeweils 15% Marktanteil) noch aus, wie es bei einer Fusion mit Entstehung einer zweiten großen Plattform doch zu einer Freigabe kommen konnte. Das größte Unternehmen am Markt (Immobilien Scout GmbH) hatte über 50% Marktanteil. Durch die Freigabe der Fusion zwischen Immowelt und Immonet konnten – nach ökonomischer Betrachtungsweise – Netzwerkeffekte prognostiziert werden, welche nur ein weiterer größerer Wettbewerber neben dem Marktführer besser nutzen konnte. Bei mehreren kleineren Anbietern hätte es eine Sogwirkung gegeben und die Netzwerkeffekte wären nicht eingetreten, so wurde am Ende der Zusammenschluss freigegeben.

II.

Als zweiter Redner erläuterte Prof. Dr. Martenet zunächst das Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Kommission und der Schweiz. Kern dieses Abkommens ist ein Informationsaustausch mit und, unter gewissen Bedingungen, ohne Zustimmung der betroffenen Unternehmen. Hier erfolgt ein schriftliches Gesuch und die angefragte Behörde entscheidet. Für personenbezogene Daten gelten strenge Anforderungen zu deren Schutz. Nach Abschluss einer Untersuchung erfolgt kein Austausch von Informationen.

Da kein Rechtsmittel bei einem Informationsaustausch vorgesehen ist, jedoch ein rechtstaatlicher Schutz bei der Sammlung von Informationen gegeben ist, sieht Präsident Martenet in der Vorabinformation der Übermittlung der Dokumente eine Kompromisslösung. Ebenso gibt es  Verwendungsbeschränkungen, wonach es zu einem Ausschluss von Zivil und Strafgerichten kommt, die Verwendung nur in parallelen Verfahren möglich ist und es zu guter Letzt eine Einzelfallbeschränkung gibt. Präsident Martenet gab sich hier abschließend optimistisch, so meinte er, dass dieses Abkommen bis jetzt gut funktioniert hat.

Des Weiteren referierte Prof. Martenet über die Kartellrechtsrevision in der Schweiz vor 8 Jahren. Es kam seit dem zu einer intensiven Evaluierung. Er führte aus, dass eine weitere große Revision geplant gewesen war, diese jedoch aufgrund ungenügender Zustimmung im Parlament gescheitert ist. Hier sind seiner Meinung nach drei institutionelle und verfahrensrechtliche Punkte anzusprechen: Zusammenschlusskontrolle mittels SIEC-Test statt Marktbeherrschungstests, eine Verbesserung des Kartell-Zivilrechts, welches er als derzeit sehr schwach ansieht und schlussendlich Probleme der relativen Marktmacht. Hier gibt es keine klaren Regelungen. Eine Revision in dieser Hinsicht könnte seiner Meinung nach kommen.

Aus der Praxis der Behörde referierte Präsident Martenet über den Fall hinsichtlich Absprachen bei Kreditkarten. Seiner Ansicht muss man bei horizontalen Preisabsprachen differenzieren, demnach gäbe es hier durchaus Möglichkeiten zur Rechtfertigung. Eine Kostenersparnis des Handels war in diesem Fall entscheidend.

Prof. Martenet führte abschließend aus, dass beim Marktmissbrauchstatbestand in der Schweiz etwa 1-2 Fälle pro Jahr anfallen.

III.
Generaldirektor Dr. Thanner leitete das Ende der Veranstaltung mit sieben Punkten ein, die derzeit die BWB beschäftigen:

1) Im Herbst 2015 wird die Kreditkarten-Gebührendeckelung untersucht werden.
2) Beim geplanten Zusammenschlussvorhaben Novomatic/Casinos Austria wird bis Mitte Dezember Klarheit herrschen.
3) Beim Zusammenschlussvorhaben OBI/Baumax soll ebenfalls eine rasche Entscheidung getroffen werden, hier sind neben Rücksicht auf die betroffenen Arbeitsplätze auch Standortfragen zu klären 
4) Auch der Online-Handel wird im Herbst weiter auf der Agenda der BWB stehen
5) Bei der Telekom-Branchenuntersuchung soll es bis Ende Oktober einen Endbericht geben.
6) Auch das Thema Gesundheit beschäftigt derzeit die BWB: Einerseits ist das Zusammenschlussvorhaben Rotes Kreuz/Grünes Kreuz zu entscheiden. Hier wurde ein Prüfantrag an das Kartellgericht gestellt. Andererseits bedarf auch der Zusammenschlussfall PremiQaMed/Goldenes Kreuz einer vertieften Prüfung. 
7) Zum Vorschlag des Bauernbundes, eine Agrarmarkt-Control einrichten zu wollen, gibt es einen klaren Standpunkt der BWB: Es soll kein neuer Regulator geschaffen werden. Alle notwendigen Instrumente für ein Monitoring und die gesetzlichen Grundlagen gibt es bereits bei der BWB.

Nach einer Diskussionsrunde sprach der Generaldirektor schließlich die Schlussworte und bedankte sich bei Präsident Mundt und Präsident Martenet für Ihre wertvollen Beiträge.